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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica

§. 1.

GLeichwie in denen Wäldern und Feldern nicht allein hohe Bäume / sondern auch niedrige Stauden und Büsche zu finden seyn / also will die Ordnung erfordern, daß nachdem von denen ersten gehandelt worden / wir auch diese betrachten / massen selbige ebenfalls von sich ohne grosse Menschen-Hülffe herfür kommen / und dahero auch mit zu den wilden Holtze gehören. Unter sothanen Gebüsche nun stellet sich am ersten vor die Hasel-Staude / so mit dem lateinischen Nahmen Avellana, s. patrio nomine Abellina, wohl bekandt / welche so wohl in den Gärten / als auch sonsten wilde wachsen.

Der Boden ist ihr fast aller Orten anständig / jedoch der trockene und steinigte mehr / denn der nasse; sie treibet in Frühling lange Zäpfflein / die erst grün / hernach gelb / und letzlich / wenn sie diese Farbe erlanget / abfallen.

Wozu aber die Natur solche Zäpfflein hervor gestossen / hat kein Physicus geschrieben / denn ob man gleich auf die Gedancken kommen / und solche vor die Blüthe halten wolte / so zeigen doch die zinnober-rothe Fäserlein / daß diese die rechten Blüthen seyn / und nicht die Hasel-Zäpffgen.

Es giebt die Hasel-Staude gut Schlag-Holtz und kan alle 8. biß 10. Jahre einmahl abgetrieben und gehauen werden / sonsten wenn es länger stehet / wird es zum Theil dünner und zeiget also von sich selbsten an / daß sie zuvor abgetrieben / zwischen der von der Natur bestimmten Zeit zu gebrauchen / und ihr keine Frist zu fernern wachsen gegeben werden soll.

Sie dienet auch zu guten Brenn-Holtz / Reiff-Stecken, Körben, und dergleichen mehr / giebt auch ihre Früchte fast alle Jahre.

Ferner werden davon gute Kohlen zum Büchsen-Pulver und andern Nutzen gebrannt. Ingleichen giebt man vor / daß sie dem Giffte widerstehen / die Schlangen / wenn sie damit geschlagen werden / unkräfftig mache und tödte; item / wenn sie an die Decke eines Zimmers oder an das Bette gehänget werde / vertreibe sie die Scorpionen.

Absonderlich ist es ein verborgen Werck und Heimligkeit der Natur / daß die Hasel-Staude zur Wüntschel-Ruthe am besten dienet.

§. 2. Es wird auch geschrieben / daß in denen Nieder-Ländischen Stein-Kohlen-Bergwercken sich zu Zeiten ein dünnes fliegendes Lufft-Feuer / so in Strecken hin und wieder läuffet / umschweiffet / oder schwebet / wenn man aber nach demselben mit Hasel-Ruthen oder Stecken schläget / so gäbe es die Flucht / und schwinge sich davon.

Doch wird dabey gemeldet / daß diejenigen Persohnen /

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Hans Carl von Carlowitz: Sylvicultura oeconomica. Johann Friedrich Braun, Leipzig 1713, Seite 349. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sylvicultura_oeconomica.pdf/365&oldid=- (Version vom 20.8.2021)