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Diß ist der Tugend Art. Wenn sich die Aehren neigen;
So sieht man, daß sie voll und reich an Körnern seyn.
Ein groß Gemüthe pflegt in Demuth sich zu zeigen.
Durch Bücken wird kein Fürst noch Welt-Monarche klein,
Wie Ihr, Wol-Edler Herr, ein täglich Muster schauet.
Wer ist an Majestät dem Grossen Friedrich gleich,
Der Euch ein solches Amt und Dienst hat anvertrauet?
Und wer ist auch, wie Er, an tiefer Demuth reich?
Wol dem, der solchem Herrn mag nah zur Seiten stehen,
Genießen seiner Gnad und Königlichen Gunst,
Der nicht auf hoch Geblüt und Adel pflegt zu sehen,
Dafern er an ihm selbst hat weder Hertz noch Kunst,
Der keinen Mann verschmäht, im Fall er Frucht kan schaffen,
Der mit so milder Hand besondre Tugend ziert,
Der Wissenschaft beliebt so wol als Wehr und Waffen,
Der über List, Gewalt und Neider triumphirt,
Der Euch, mein Herr, so hoch nach Würden izt erhebet,
Daß ihr der Tugend Frucht so reichlich sammlet ein,
Daß ihr in solchem Stand und grossem Ansehn lebet,
Daß ihr könt Maro selbst und auch Mecaenas seyn.


Meines Großgeneigten Herrn
Kriegs-Raths


unterthänigster gehorsamster
Diener.


Norden in Ostfrießland,
3. Jan. 1664.


Joachimus Rachelius,
Londinensis.


Empfohlene Zitierweise:
Joachim Rachel: Teutsche Satyrische Gedichte. Christian Ludewig Kunst, Berlin 1743, Seite 5. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Teutsche_satyrische_Gedichte_Wolfenbuettel.djvu/15&oldid=- (Version vom 1.8.2018)