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Ich Arme bin bemüht und fresse schimlich Brodt.
Du Hahnrey sauffest nur und weist von keiner Noth.
Juchschreyer, Schneideluft, Trotz-Märtel, Windverkaufer,
Weingurgel, Suchebier, zwey-drey-vier-Pegelsauffer,
Durchfresser, Pfeiffenheld, Toback-Rauch-Speichel-Maul,
Bey allen Zechen frisch, zu aller Arbeit faul.
O bittere Gedult, die dieser Mann muß tragen.
Ein solcher wird ein Spott und Sprichwort in Gelagen,
Ein Schimpf der gantzen Stadt. Heist, doch nur halb mit Recht,
Rotzlöffel, Windelvogt, Zuschnürer, Küchenknecht.

Die Fünfte kommt vom Meer und ihren stoltzen Wellen,
Und weiß in allem sich der Mutter gleich zu stellen.
Itzt ist sie wundergut, ergetzet ihren Mann
Mit Schertz und Lieblichkeit, so viel sie immer kan.
Mein Schatz, mein Augentrost, spricht sie, mein süsses Leben,
Mein einig Auffenthalt. Gleich wie die edle Reben
Sich nach den Ulmen thun, so lencket sich mein Sinn,
O auserwehltes Hertz, nach euren Augen hin.
Du edles Kleinod du, daran ich mich ergetze,
Und über alles Gut mich reich und selig schätze,
Wirf du mir um den Hals den süssen Armenband;
So bin ich ausgeziert mit Gold und Diamant.
Hie nimmt der arme Jost solch Honigsüsses Streichen
Für gute Gülden an. Er schwert, daß ihres gleichen
Auf Erden nie gebohrn. Er gehet Hauß bey Hauß,
Lobt seiner Frauen Thun, streicht ihre Tugend aus.
Bald um ein Augenblick so ist kein Thier noch Teuffel
Der also wüten kan. Der Mann steht selbst im Zweiffel
Ob sie bey Sinnen sey. Sie schreit, sie tobt, sie schnaubt
Als wie ein Panther-Thier, das seiner Frucht beraubt,
Mit Grimm den Jäger sucht. Und gibst du denn dich schuldig,
Und läst sie Meister seyn; so sey hinfort geduldig

Empfohlene Zitierweise:
Joachim Rachel: Teutsche Satyrische Gedichte. Christian Ludewig Kunst, Berlin 1743, Seite 6. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Teutsche_satyrische_Gedichte_Wolfenbuettel.djvu/22&oldid=- (Version vom 1.8.2018)