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Deucht aber dir, du seyst gantz ledig aller Sünden,
Kein Tadel sey an dir, kein Mangel nicht zu finden:
So thu von Niesewurtz nur einen guten Trunck.
Denn deiner Thorheit sind nicht sieben Weiber gnung.


Dritte Satyre.
Die gewünschte Hauß-Mutter.


Wer mit dem ersten Spieß hat lang genung gerennet
Und endlich nun sich selbst und seine Thorheit kennet;
Wer viermal ungefehr erreichet sieben Jahr,
Der such ein eignes Nest, und nehme fleißig wahr,
Was seinem Bette dient. Die Philomela singet,
Wann uns der kühle Lentz die ersten Blumen bringet.
Sie lebt in Fröhlichkeit, fleugt lustig hin und her,
Als wann kein Vogel-Strick, noch Katz noch Spärber wär.
Wenn aber nun das Licht der Sonnen höher steiget,
Der Lentz gibt gute Nacht, und Ceres schon sich zeiget:
So ist der Frühlings-Tantz, die Lust, das Singen aus;
Sie trägt ein Sträuchlein zu, und baut ihr kleines Hauß.
Sie legt zu rechter Zeit. Sie decket ihre Jungen.
Sie speist und nehret sie. Da wird nicht mehr gesungen.
Kein Wind noch Seiten-Spiel, kein süsser Lauten-Klang
Erweckt das erste Lied, der Jugend Lust-Gesang.
So hat ein jeglichs Ding gewisse Zeit und Sitten.
Die Jugend gehet frey mit unbedachten Schritten
Wohin die Lust sie treibt, und weil die Raserey
Den Alten war gemein, so stehts den Jungen frey,

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Joachim Rachel: Teutsche Satyrische Gedichte. Christian Ludewig Kunst, Berlin 1743, Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Teutsche_satyrische_Gedichte_Wolfenbuettel.djvu/35&oldid=- (Version vom 1.8.2018)