Entschuldigt einen Fall, der mit Verdruß anhöret
Wenn des Verleumders Maul ein That und Wort verkehret,
Der mit der Wohlthat nicht Gewerb und Handel treibt
Nicht alle Mahlzeit fort in den Calender schreibt,
Der nicht ein grössers hoft, in dem er was verehret,
Nicht einen Hasen schenckt, und eine Kuh begehret,
Der nicht durch einen Schmauß nur sucht was ihn ergötzt,
Nicht einen Gast zum Schimpf an seine Tafel setzt,
Den er mit einen Trunck will gar zum Narren kaufen,
Daß er auf sein Befehl muß drey aus einem saufen,
Muß manches schimpflichs Wort durchs Hertz hinlassen gehn,
Darf nicht einmal dazu recht ernst und sauer sehn,
Muß schelten, was er schilt, muß rühmen, was er lobet,
Muß lügen, wann er leugt, muß rasen, wann er tobet,
Muß immer seyn bereit, muß wissen am Gesicht,
Was mein Herr Trutzebardt will haben oder nicht.
Gleichwie der Teufel selbst ein Engel ist zu nennen;
So magst du diesen auch für einen Freund erkennen.
Verstehst du es an ihm mit einem Wort allein;
So wird er äusserlich gleichwie von innen seyn,
Wird sprechen: Was mag sich der Bettler endlich zeihen?
Ist das der Danck zulezt? Wer sich mit solchen Kleyen
Vermengt, der sudelt sich. Ja wüst er einen Mord;
Es müste bald heraus und von der Zunge fort.
Da wird ein jeder Trunck dir werden aufgerücket,
Da wirst du recht ihn sehn, gantz bloß und ungeschmücket,
Da wird des Hertzens-Grund recht kommen für den Tag
Und was das falsche Maul vorhin zu decken pflag.
Als ich vor langer Zeit erst in der Welt zu laufen
Und auf der hohen Schul begunte mit zu saufen,
Da stellten wir einmal ein frölich Leben an
Und ich, als Neuling noch, ließ fallen Krug und Kann.
Wir machtens alle gleich und wers nicht wolte treiben
Wie wir, der mocht ein Narr für sich alleine bleiben.
Joachim Rachel: Teutsche Satyrische Gedichte. Christian Ludewig Kunst, Berlin 1743, Seite 61. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Teutsche_satyrische_Gedichte_Wolfenbuettel.djvu/77&oldid=- (Version vom 1.8.2018)