Das stinckende Gerücht durchlief das gantze Land.
Es wird die böse That zu Aßtlon auch bekant.
Die Feinde jauchtzeten. Der König must sich schämen.
Durch Ammons böse Lust ward in ein plötzlich Grämen
Und bittern Haß verwandt. Der vormals schöne Schein
Deucht Ammon ein Gespenst und Schrecken-Blitz zu seyn.
Die Jungfrau muste gehn. Die Jungfrau ward verstoßen,
Besprenget Haupt und Haar mit Asch und Erdenkloßen,
Zerriß den bunten Rock, verhüllte das Gesicht,
Mocht keinen Menschen sehn, ja kaum das Sonnenlicht.
Heißt das nicht wol geliebt? Zu höchster Schande zwingen?
Um Ehr und Redlichkeit, um gut Gewißen bringen?
Wie wenn sie auf dich hätt ein heimlich Beil gewetzt?
Das Messer in den Schlaf dir an den Hals gesetzt?
Wie wann dein einigs Kind die Mutter von dem Leben
Und umb den Hals gebracht, am Vater wollen geben,
Den Wütrig in den Kohl, den Schierling in den Wein:
Wie könte deine Straf an ihr doch größer seyn?
Ach Ammon! Wie wirst du die schnöde Lust noch büßen!
Die Rach, ob schon sie geht auf krüppelkrummen Füßen,
Kommt endlich doch herbey, vielleicht zu solcher Zeit,
Wenn dir dein Hertze schon gibt sicheres Geleit.
Der grimmig Absolon ließ zwar sich nicht vermercken,
Was auf gelegnen Tag sich äußert in den Wercken.
Die Schmach, der bittre Groll, der eifrig heiße Muth
Kunt nicht gelöschet seyn, als mit des Ammons Blut.
Da war kein Jonadab, kein Mann von Hertz und Fäusten,
Der seinen Printzen half und Beystand wolte leisten.
Trotz, Treu und Eyd war aus. Der große Held verschwand,
So bald nur Absolon das Eisen nahm zur Hand.
Dieweil das Faß noch läuft, der Heerd riecht nach den Braten;
Ist Schneidewind ein Mann, der reden kan und rathen
Verlachet die Gefahr. Doch geht das Treffen an;
So ist kein Haaß im Busch der beßer laufen kan.
Joachim Rachel: Teutsche Satyrische Gedichte. Christian Ludewig Kunst, Berlin 1743, Seite 74. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Teutsche_satyrische_Gedichte_Wolfenbuettel.djvu/90&oldid=- (Version vom 1.8.2018)