So auch der Buchenan, Minerven liebstes Kind,
Dem weder Römer, Griech noch Teutscher abgewinnt.
So war der Venusin, den selbst Augustus ehrte,
Der nach des Pindars Kunst die Römer spielen lehrte,
Zum Lachen wie gebohrn, im Schertzen ausgeübt:
Wie sein berühmtes Buch noch heute Zeugniß gibt.
Wenn nun ein grobes Holtz, ein Eulenspiegels-gleichen
Läst einen Pfuy-dich-an mit guten Willen streichen,
Bringt kahle Zoten vor, verschluckt ein gantzes Ey
Und rültzet ins Gelach und schwätzet in den Brey:
Wenn er sich lustig macht mit solchen Bubenpoßen;
Die auch kein Hurenwirth solt hören unverdroßen.
Da lacht die Unvernunft, daß ihr die Luft entgeht,
Und spricht wol: Hey das ist ein lustiger Poet.
O all zu theurer Nam für solche grobe Hachen.
Kan dann ein fauler Stanck so bald Poeten machen?
Ein unverschämtes Wort! O weit vom Ziel gefehlt.
Es muß ein ander seyn, der mit will seyn gezehlt
In diese werthe Zunft. Die keuschen Pierinnen
Sind keinen Unflath hold. Sie hassen grobe Sinnen.
Wer ein Poet wil seyn, der sey ein solcher Mann,
Der mehr als Worte nur und Reimen machen kan,
Der aus den Römern weiß, den Griechen hat gesehen,
Was für gelahrt, beredt und sinnreich kan bestehen,
Der nicht die Zunge nur nach seinem Willen rührt,
Der Vorrath im Gehirn und Saltz im Munde führt,
Der durch den bleichen Fleiß aus Schriften hat erfahren,
Was mercklichs ist geschehn vor vielmahl hundert Jahren,
Der guter Wissenschaft mit Fleiß hat nachgedacht,
Mehr Oehl als Wein verzehrt, bemüht zu Mitternacht,
Der endlich aus sich selbst was vorzubringen waget,
Das kein Mensch hat gedacht, kein Mund zuvor gesaget,
Folgt zwar den Besten nach, doch außer Dieberey,
Daß er dem Höchsten gleich, doch selber Meister sey,
Joachim Rachel: Teutsche Satyrische Gedichte. Christian Ludewig Kunst, Berlin 1743, Seite 80. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Teutsche_satyrische_Gedichte_Wolfenbuettel.djvu/96&oldid=- (Version vom 1.8.2018)