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Seine Barmherzigkeit hat noch kein Ende, sondern sie ist alle Morgen neu und seine Treue ist groß.“ Gott hat uns viel Segen im Leiblichen und Geistlichen gegeben, auch wunderbar geholfen, daß wir die nötigen persönlichen Kräfte doch stellen konnten. Einige Lücken, die wir freilich reißen mußten, werden wir auch in nicht allzuferner Zeit mit Gottes Hilfe wieder ausfüllen können. Wir haben eine volle Blaue Schule, die uns Gutes hoffen läßt. Ich grüße jede Einzelne, an die der Brief gelangen mag. Der Herr schenke einer jeden die Gabe und die Kraft, die sie bedarf.

Eure Therese.


An Schwester Berta Wieland an der Zeltnerschule.
Neuendettelsau, 13. Dezember 1914

 Liebe Schwester Berta, in bezug auf den Eintritt ins Diakonissentum bin ich jetzt gerade nicht so zaghaft wie Du. Ich bin zu sehr überwältigt von der Hilfe Gottes, die ich erlebt. Die Notzeit diesen Sommer ist mir tief eingeprägt. Ihr konntet es ja nicht wissen, wie unsere Bedrängnis war. Ich habe viel zu Gott gerufen. Nun kam der schreckliche Krieg, und auf einmal hatten wir nicht bloß Menschen, sondern Persönlichkeiten. Daß wir demnächst zweiundsechzig Schwestern im Felde haben und doch einigermaßen die Arbeit in der Heimat bewältigen können, das ist ein Gotteswunder. Und diese Schwestern haben, indem sie so freudig bereit waren, doch ihr Leben gewagt.

 Ach, wir haben so etwas Schauerliches gelesen, wie es Königsberger Schwestern ergangen ist. Und nun liegen Augsburger Schwestern in Metz, zum Teil schwer krank. – Herr von Stein in Straßburg schrieb mir die Tage, es gehe seiner Schwester Luise ordentlich, nur leide sie unter der Kälte. Da habe er gleich für warme Sachen gesorgt; aber weil andere Schwestern auch frieren könnten, schickt er mir 250 Mark. Wie freundlich ist das! Aber wir haben ja viele schöne und gute Sachen der zweiten Reihe geschickt, und sie sind nicht an sie gelangt. Nun sinne ich, wie wir sicher etwas hinbringen könnten. Es sind doch, um nochmals das Vorige zu berühren, viel gereifte und ernste Persönlichkeiten unter der ausgesandten Schar.

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Therese Stählin: Auf daß sie alle eins seien. Verlag der Diakonissenanstalt, Neuendettelsau 1958, Seite 211. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Therese_St%C3%A4hlin_-_Auf_da%C3%9F_sie_alle_eins_seien.pdf/213&oldid=- (Version vom 24.10.2016)