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An eine Schwester.
Neuendettelsau, 4. Aug. 1916

 Liebe Schwester Emilie, laß Dir auch von mir einen herzlichen Segenswunsch zum Geburtstag gefallen. Der 4. August ist mir tief eingeprägt durch eine eingreifende Begebenheit in vergangenen Tagen. Da kam unser lieber seliger Herr Rektor Meyer zu uns, um hier zu predigen, damit wir ihn kennen lernen sollten. Ach, was waren das für Zeiten, alles anders als jetzt! Was urteilt wohl der Heiland über die Dettelsauer Gemeinde? Laß uns nur immer beten: Herr, bleibe bei uns! Das soll auch mein Geburtstagswunsch für Dich sein, daß der Herr Jesus immer bei Dir sei und Du immer bei Ihm bleiben möchtest. „Ich laß dich nicht, du mußt mein Jesus bleiben.“

Deine Therese.


An die Einsegnungsreihe vom 25. Juli 1909.
Neuendettelsau, 12. August 1916

 Meine lieben Schwestern, wie gerne möchte ich Euch einen Gedanken in die Seele legen, der Euch von Nutzen sein könnte! Was soll ich sagen, liebe Schwestern, da ein gar zu nüchterner Geist, ein aus der Diesseitigkeit geborener, in die Alltäglichkeit sich verlierender Geist auch an die Pforten der Diakonissenhäuser herantritt? Ich möchte Euch und mich mahnen, die großen Gedanken, die unserem Hause eingestiftet sind, ja daß ich es besser sage, denen Ihr allenthalben im Worte Gottes begegnet, festzuhalten und das Leben beherrschen zu lassen. Ich möchte uns zurufen: Laßt die erste Liebe nicht! Laßt uns vor einem begeisterungslosen Leben fliehen! Wir sind zu großen und hohen Zielen berufen. Wir können uns nicht genug wundern, daß wir armen, verlorenen Sünder voll Elend und Niedrigkeit gewürdigt sind, in Gottes Gemeinschaft zu leben. O wer kann das fassen! Betet fleißig – wenn es sein kann, auch laut, wenn es möglich ist, auch im Freien in einsamer Stille – die Auslegung des 2. Artikels. Da ist alles enthalten, was uns demütigt und was uns erhebt.

 Gott behüte Euch alle, Er erhalte eine jede von Euch in der seligen Gottesgemeinschaft und auch in der Gemeinschaft, der Ihr am 25. Juli 1909 eingegliedert worden seid!

Eure Therese.


Empfohlene Zitierweise:
Therese Stählin: Auf daß sie alle eins seien. Verlag der Diakonissenanstalt, Neuendettelsau 1958, Seite 219. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Therese_St%C3%A4hlin_-_Auf_da%C3%9F_sie_alle_eins_seien.pdf/221&oldid=- (Version vom 24.10.2016)