Seite:Therese Stählin - Auf daß sie alle eins seien.pdf/254

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Abschiedswort von Frau Oberin-Mutter
April 1921
(Korr.-Bl. 1921, Nr. 4)

 Meine geliebten Schwestern, es haben mir viele von Euch ein gutes Wort zugehen lassen bei dem Abschnitt meines Lebens, vor dem ich stehe. Ich kann nicht den Einzelnen antworten und danken, aber ich möchte auf diesem Wege ein Abschiedswort an Euch richten.

 Es ziemt uns in solcher Zeit und kann gar nicht anders sein: wir denken der Sünde und Schuld, die sich in vergangenen Jahren angehäuft hat; ich voran habe diese Gedanken zu bewegen; aber ich weiß mich mit Euch eins, wenn ich sage: wir gedenken gemeinsam unserer Sünde und Verfehlung. Aber wir kommen von Karfreitag und Ostern her, wir hören das Wort: „Es ist vollbracht!“, wir vernehmen den Friedensgruß am Osterabend und wie der Herr Seinen Jüngern Macht gegeben hat, auf Erden Sünde zu vergeben. So können wir getrost weiterpilgern, eine jede auf dem Weg, den ihr der Herr angewiesen hat. Wo Vergebung der Sünden, da ist Leben und Seligkeit.

 Als ich vor 38 Jahren als Oberin eingeführt wurde, da machte ich bald der Schwesternschaft den Vorschlag, wir wollten bei unseren Kapitelsversammlungen immer die drei Sprüche beten: Joh. 17, 21, Offenb. 21, 5 und 1. Joh. 1, 7. Es war damals schwere Zeit, wie denn in der Dettelsauer Geschichte kaum leichte Zeiten zu verzeichnen sind. Doch hat es auch nie an Trost und Hilfe gemangelt. Die Wahl der Sprüche ging aus viel Leid und Schmerz hervor. Nun möchte ich zum Schluß meiner Berufsarbeit noch einmal etwas darüber sagen. Anfang und Ende mögen sich dabei zusammenschließen, und Gottes barmherziges Urteil möge von ein wenig Frucht all der Gebete, die mit dieser Übung verbunden waren, sagen dürfen.

 Was der Herr im hohenpriesterlichen Gebet für die Seinen erbetet hat, das ist die Einigkeit, eine Einigkeit, wie sie zwischen dem Vater und dem Sohne besteht. Dieses Ziel wird erreicht werden, denn der Herr bringt kein vergebliches Gebet

Empfohlene Zitierweise:
Therese Stählin: Auf daß sie alle eins seien. Verlag der Diakonissenanstalt, Neuendettelsau 1958, Seite 252. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Therese_St%C3%A4hlin_-_Auf_da%C3%9F_sie_alle_eins_seien.pdf/254&oldid=- (Version vom 24.10.2016)