Seite:Tractat von dem Kauen und Schmatzen der Todten in Gräbern 126.jpg

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also bezwinget, und das Gehirne also einnimmt, daß aller Odem und Pulß, ja endlich das Leben selbsten aussen bleibt. Wie nun ein solcher Todter gleichsam in einem tieffen und sehr schweren Schlaffe liegt, also hat auch dessen Cörper noch nichts erlitten, das die Haußhaltung und Oeconomie der Seelen stören und verderben könne. Der Mensch hat zwar würcklich auffgehöret zu leben, aber der Leib hat doch noch nicht seine formam verlohren, weil die Theile desselben gleichartig geblieben u. kein Auflösungs-Mittel bey sich admittiret haben.[1] Wenn nun ein solcher Cörper sogleich begraben wird, ehe noch etwas widerwärtiges (aliquid heterogenei) in ihm entstanden, kan es leichte geschehen, daß er eine Zeitlang in seiner Blüthe, Krafft und Vegetanz unverweßlich bleibt, insonderheit, wenn die Erde, darein er gebracht wird, und das Grab selbst, seiner Natur nach, etwas zu Erhaltung desselben beyträgt. Man hat sich demnach nicht zu verwundern, daß der Leib unsers Plogojowitz so lange nach dem Tode unversehrt und unverwest befunden worden.


§. 28.

Hat aber ein gantzer Cörper unverweset bleiben können, warum nicht auch eintzelne Theile desselben? Wir haben oben schon erinnert, daß


  1. Homo quidem vere desiit esse vivus, at corpus tamen nondum formam suam amisit, quia partes ejus adhuc homogeneæ manserunt, nullumque receperunt menstruum.