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der klassischen Altertumswissenschaft heraus. Dann übernahm er 1914 die Redaktion der sprachwissenschaftlichen Zeitschrift „Glotta“ und hat in ihr mehrfach von seiner besonderen Liebe zur lateinischen Syntax Zeugnis abgelegt.

     Seine höchste Leistung ist aber die Leitung der Pauly-Wissowa’schen Realenzyklopädie des klassischen Altertums, die er im Jahre 1906 übernahm und 33 Jahre lang durchführte. Diese Arbeit ist überhaupt nicht hoch genug einzuschätzen. Dieses Werk ist ein Denkmal deutscher Gemeinschaftsarbeit auf dem Gebiet der Altertumswissenschaft, dem keine Nation der Erde etwas Ähnliches an die Seite zu stellen hat. Und Krolls sichere, aber nie pedantisch enge Zügelführung hat es bewirkt, daß diese Enzyklopädie keine Sammlung lehrreicher Exzerpte, sondern eine Bibliothek produktiver Monographien geworden und geblieben ist. Es wäre wohl angebracht, wenn die Wissenschaft vom Altertum Wilhelm Kroll für seine ein Menschenalter währende treue Arbeit an diesem Werk dadurch dankte, daß sie es mit seinem Namen nennte.

     Denn vor allem als Haushalter und Schatzmeister deutscher Altertumswissenschaft steht Wilhelm Kroll vor uns. Sein Lebenswerk galt der Antike. Sie ist die Grundlage unserer gesamten abendländischen Kultur, ja auch das äußere Gewand für die Botschaft des Christentums gewesen, dessen Wort uns in diese Stunde der Trauer und des ernsten Gedenkens hineingeführt hat. So möge denn auch am Ende das Evangelium seine Stimme erheben und zu uns sprechen:

     Selig sind, die da Leid tragen, denn sie sollen getröstet werden.

Amen.
Empfohlene Zitierweise:
Hans Lietzmann: Wilhelm Kroll (Trauerrede). Privatdruck, Berlin 1939, Seite 6. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Trauerrede_Lietzmann_6.jpg&oldid=- (Version vom 26.12.2022)