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Troia und seine Ruinen.




Der Reisende, welcher vom Piraeus nach dem Hellespont fährt, sieht, nachdem er an der westlichen Küste von Lesbos vorbeigefahren ist, das Cap Lekton, welches die Westspitze des Idagebirges bildet. Dies Cap ist die südlichste Spitze des Landes, welches seit der Zeit Homers bis jetzt, und wahrscheinlich schon viele Jahrhunderte vor Homer, den berühmten, den unsterblichen Namen Troas getragen hat. Indem er die Westküste desselben entlang segelt, welche sich beinahe in gerader Linie nach Norden erstreckt und im Cap Sigeion endet, sieht der Reisende dort, in der Mitte eines dichten Eichenwaldes, die riesigen Trümmer der einst blühenden Stadt Alexandria Troas, welche nach ihrer grossen Ausdehnung wenigstens 500,000 Einwohner gehabt zu haben scheint. Der allgemeinen Meinung zuwider glaube ich nicht, dass diese Stadt von Antigonos gegründet, sondern dass sie nur von ihm vergrössert worden ist, denn Strabo (C. 604 und 607) sagt ausdrücklich, dass ihre Baustelle früher Sigia genannt wurde und dass Antigonos diese durch die Einwohner von Skepsis, Larisa, Kolonai, Hamaxitos und anderen Städten bevölkerte und sie Antigonia Troas nannte. Er sagt ferner, dass diese Stadt später von Lysimachos verschönert wurde, der sie, Alexander dem Grossen zu Ehren, Alexandria Troas nannte. Der Ort gefiel Julius Caesar so sehr, dass (nach Suetonius, im Leben Caesar’s) er beabsichtigte, ihn zur Hauptstadt des römischen Reichs zu machen. Nach Zosimos (II, 30) und Zonaras (XIII, 3) hatte Constantin der Grosse denselben Plan, ehe er Byzantion wählte. Unter Hadrian war der berühmte Redner Herodes Atticus Verwalter dieser Stadt. Es sind noch verschiedene Theile jener Wasserleitung erhalten, welche er baute und zu deren Kosten sein Vater Atticus aus eigenen Mitteln drei Millionen Drachmen beitrug. Alexandria Troas kommt auch in der heiligen Schrift vor als eine der vom Apostel Paulus besuchten Städte. Ihre bedeutenden byzantinischen Trümmer lassen keinen Zweifel, dass sie bis zum Ende des Mittelalters bewohnt worden ist. Jetzt wird sie Eskistambul genannt.

Gleich nachher passiert der Reisende die schöne Insel Tenedos, hinter welcher (nach der Odyssee) die Griechen ihre Schiffe verbargen, nachdem sie das hölzerne Pferd gebaut hatten. Unmittelbar nachher passiert er den Golf von Baschika, und sieht auf dem hohen und steilen

Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Schliemann: Troia und seine Ruinen. , Waren 1875, Seite 3. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Troia_und_seine_Ruinen.pdf/3&oldid=- (Version vom 1.8.2018)