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5. Nachtreise.

Ich reit’ in’s finstre Land hinein,
Nicht Mond, noch Sterne geben Schein,
Die kalten Winde tosen.
Oft hab’ ich diesen Weg gemacht,

40
Wann goldner Sonnenschein gelacht,

Bei lauer Lüfte Kosen.

Ich reit’ am finstern Garten hin,
Die dürren Bäume sausen drin,
Die welken Blätter fallen.

45
Hier pflegt’ ich in der Rosenzeit,

Wann Alles sich der Liebe weiht,
Mit meinem Lieb zu wallen.

Erloschen ist der Sonne Stral,
Verwelkt die Rosen allzumal,

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Mein Lieb zu Grab getragen.

Ich reit’ in’s finstre Land hinein,
Im Wintersturm, ohn’ allen Schein,
Den Mantel umgeschlagen.

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Uhland: Gedichte von Ludwig Uhland (1815). J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1815, Seite 065. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:UhlandGedichte1815_0065.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)