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In Varnhagens Stammbuch.


Als Phöbus stark mit Mauern, Thürmen, Gittern
Die Königsburg von Nisa half bereiten,
Da legt’ er seiner Lyra goldne Saiten
Auf einen Mauerstein mit leisem Schüttern.

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Die Zinne konnte nicht so sehr verwittern,

Daß nicht den Marmor noch in späten Zeiten,
Selbst bei des Fingers leichtem Drübergleiten,
Durchklungen hätt’ ein sanft melodisch Zittern.

So legt’ auch ich auf dies Gedächtnißblatt,

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Das du wohl öfters, blätternd, wirst berühren,

Mein Saitenspiel, auch gab es einen Ton:

Und dennoch zweifl’ ich, ob an dieser Statt
Du jemals einen Nachklang werdest spüren,
Denn ich bin Phöbus nicht, noch Phöbus Sohn.

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Uhland: Gedichte von Ludwig Uhland (1815). J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1815, Seite 099. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:UhlandGedichte1815_0099.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)