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3. Die Nachtschwärmer.


Eines schickt sich nicht für Alle;
Sehe Jeder, wie er’s treibe,
Sehe Jeder, wo er bleibe,
Und wer steht, daß er nicht falle!

Goethe.


Der Unverträgliche.

Stille streif’ ich durch die Gassen,
Wo sie wohnt, die blonde Kleine;
Doch schon seh’ ich Andre passen
Und mir war’s im Dämmerscheine,

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Einer würd’ hineingelassen.

Regt es mir denn gleich die Galle,
Daß sie Andern auch gefalle?
Sey’s! doch kann ich nicht verschweigen:
Jeder hab’ ein Liebchen eigen!

10
Eines schickt sich nicht für Alle.


Der Hülfreiche.

Zu dem Brunnen, mit den Krügen,
Kömmt noch spät mein trautes Mädchen,
Rollt mit raschen, kräft’gen Zügen
Husch! die Ketten um das Rädchen;

5
Ihr zu helfen, welch Vergnügen!

Ja! ich zog mit ganzem Leibe,
Bis zersprang des Rädchens Scheibe.
Ist es nun auch stehn geblieben,
Haben wir’s doch gut getrieben,

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Sehe Jeder, wie er’s treibe!
Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Uhland: Gedichte von Ludwig Uhland (1815). J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1815, Seite 127. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:UhlandGedichte1815_0127.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)