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Noch stehn die Fechter alle stumm,

Tritt keiner aus dem Reihn,
Der blinde König kehrt sich um:
„Bin ich denn ganz allein?“
Da faßt des Vaters Rechte

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Sein junger Sohn so warm:

„Vergönn mir’s, daß ich fechte!
Wohl fühl’ ich Kraft im Arm.“

„O Sohn! der Feind ist riesenstark,
Ihm hielt noch Keiner Stand.

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Und doch! in dir ist edles Mark,

Ich fühl’s am Druck der Hand.
Nimm hier die alte Klinge!
Sie ist der Skalden Preis.
Und fällst du, so verschlinge

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Die Flut mich armen Greis!“


Und horch! es schäumet und es rauscht
Der Nachen über’s Meer.
Der blinde König steht und lauscht,
Und Alles schweigt umher;

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Bis drüben sich erhoben

Der Schild’ und Schwerdter Schall,
Und Kampfgeschrei und Toben,
Und dumpfer Wiederhall.

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Uhland: Gedichte von Ludwig Uhland (1815). J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1815, Seite 166. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:UhlandGedichte1815_0166.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)