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Abschied.


Was klinget und singet die Straß’ herauf?
Ihr Jungfern, machet die Fenster auf!
Es ziehet der Bursch in die Weite,
Sie geben ihm das Geleite.

5
Wohl jauchzen die Andern und schwingen die Hüt’,

Viel Bänder darauf und viel edle Blüth’,
Doch dem Burschen gefällt nicht die Sitte,
Geht still und bleich in der Mitte.

Wohl klingen die Kannen, wohl funkelt der Wein;

10
„Trink aus und trink wieder, lieb Bruder mein!“

„Mit dem Abschiedsweine nur fliehet,
Der da innen mir brennet und glühet!“

Und draußen am allerletzten Haus,
Da gucket ein Mägdlein zum Fenster heraus,

15
Sie möcht’ ihre Thränen verdecken

Mit Gelbveiglein und Rosenstöcken.

Und draußen am allerletzten Haus,
Da schlägt der Bursche die Augen auf,
Und schlägt sie nieder mit Schmerze

20
Und leget die Hand auf’s Herze.
Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Uhland: Gedichte von Ludwig Uhland (1815). J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1815, Seite 177. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:UhlandGedichte1815_0177.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)