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Er gewann die Burg im Sturme,
Steckt’ auf sein Siegspanier;

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Da stieg aus tiefem Thurme

Der alte König herfür.

„O Sonn’! o ihr Berge drüben!
O Feld und o grüner Wald!
Wie seyd ihr so jung geblieben,

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Und ich bin worden so alt!“


Mit reichem Glanz und Schalle
Das Siegesfest begann;
Doch wer nicht saß in der Halle,
Das nicht beschreiben kann.

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Und wär’ ich auch gesessen

Dort in der Gäste Reihn,
Doch hätt’ ich das Andre vergessen
Ob all dem edeln Wein.

Da thät zu Goldmar sprechen

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Der königliche Greis:

„Ich geb’ ein Lanzenbrechen,
Was setz’ ich euch zum Preis?“

„Herr König, hochgeboren,
So setzet uns zum Preis,

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Statt goldner Helm’ und Sporen,

Einen Stab und ein Lämmlein weiß!“

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Uhland: Gedichte von Ludwig Uhland (1815). J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1815, Seite 199. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:UhlandGedichte1815_0199.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)