Die kleine Frau, hocherfreut über das Geschenk, gab bei dem Abschied Beweise von nervöser Erregung, die zugleich rührend und beunruhigend waren. Es war, als ob sie ahnte, daß dieser Abschied mehr als eine Trennung für vierzehn Tage, – daß er den Abschluß der hübschesten Episode in ihrer kahlen, nüchternen Existenz bedeute.
Zdenko atmete auf, als er nach längerer Wagenfahrt in das Eisenbahncoupé stieg, das ihn nach der Heimat befördern sollte. Zum erstenmal klang ihm der Pfiff, mit dem die Lokomotive die Abfahrt verkündete, wie Musik.
Als er am zweiten Januar nach Breznitz zurückkehrte, hatte er die blasse Doktorin fast vergessen. Leider sollte sie ihm nur zu bald ins Gedächtnis zurückgerufen werden.
Wie sich’s von selbst versteht, fand er einen starken Einlauf von Weihnachts- und Neujahrskarten vor. Anfänglich äußerte er die Absicht, die Dinger en bloc an eine Cousine zu schicken, welche solchen Krimskrams sammelte. Der allezeit vernünftige Oberst wendete ihm ein, daß es vielleicht doch besser sei, die Kärtchen vorher anzusehen, es könne sich immerhin ein schlechter Witz zwischen diese Sendungen eingeschlichen haben, den es geraten wäre, einem jungen
Ossip Schubin: Vollmondzauber. Stuttgart: J. Engelhorn, 1899, Band 1, Seite 54. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vollmondzauber.djvu/055&oldid=- (Version vom 1.8.2018)