Vetter erlaubt, in dem er die Marchesina hübsch genannt hatte, im übrigen stimmte seine Schilderung mit den Thatsachen überein – groß, rothaarig, mit grünen Augen.
Hingegen erinnerte das Mädchen in nichts an Zdenkos nächtliche Vision. An etwas andres erinnerte es ihn, aber an was oder vielmehr an wen denn?
Ja, richtig, jetzt wußte er’s. Zu seltsam – an eine Wärterin, die vor längerer Zeit eine geisteskranke Verwandte seiner Mutter gepflegt hatte.
Sie war wegen ihrer Energie und Verläßlichkeit sehr gerühmt worden, aber daß Gina Ginori, von der seine Phantasie ihm ein so interessantes Bild entworfen hatte, gerade der nüchternen, sachlichen Marie Holoubeck ähnlich sehen sollte, das war doch eigentlich etwas komisch!
Man sprach von gleichgültigen Dingen. Die Marchesina Ginori hatte eine sehr geschmacklose, in violette und rote Carreaus eingeteilte Handarbeit mitgebracht, an der sie eifrig, fast ohne aufzublicken, stickte.
Plötzlich fragte die Gräfin Ronitz: „Ich bitte dich, Emma – du weißt, daß ich mich für Magnetismus und Geisterseherei und Klopferei interessiere, freilich nur aus der Opposition, weil es mich reizt, den schwachen Punkt von allen Belegen für Spiritismus aufzudecken. Es gibt immer einen schwachen Punkt …
Ossip Schubin: Vollmondzauber. Stuttgart: J. Engelhorn, 1899, Band 1, Seite 115. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vollmondzauber.djvu/116&oldid=- (Version vom 1.8.2018)