Seite:Vollmondzauber.djvu/134

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„Ich sehe, daß Swoyschin unverbesserlich ist,“ erklärte der Oberst.

„Sie sind sehr streng, er kann wirklich nichts dafür,“ verteidigte Bärenburg den Vetter.

„Man kann immer dafür,“ entgegnete verdrießlich der Oberst.

„Nun, Herr Oberst“ – Bärenburg kraute sich nachdenklich den Kopf –, „es ist ja richtig, daß man mit ausdauernder Tugend selbst die unwiderstehlichste Unwiderstehlichkeit besiegt, aber ob sich diese Tugendprotzerei bei einem Mann gut ausnehmen würde, frag’ ich mich. Bitte, denken Sie sich so einen Mann, der sich vor ein in ihn unerwünschterweise verliebtes Mädchen hinstellt und dasselbe anpredigt:

‚Jungfrau, treue Bruderliebe,
Widmet Euch dies Herz,
Fordert keine andre Liebe,
Denn es macht mir Schmerz!‘

Es ist ja möglich, daß dieses Verfahren die Jungfrau von ihren thörichten Gefühlen gründlich heilen würde, ich für meinen Teil nehme dies als wahrscheinlich an; aber finden Sie im Ernst, daß dergleichen von einem Mann zu verlangen ist, Herr Oberst?“

Sie waren ganz allein in dem großen niedrigen Billardsaal, in dem das Licht durch kleine, viereckige Fenster hereinbrach. Der Oberst begann unruhig auf

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Ossip Schubin: Vollmondzauber. Stuttgart: J. Engelhorn, 1899, Band 1, Seite 133. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vollmondzauber.djvu/134&oldid=- (Version vom 1.8.2018)