in unserm Garten klettern sie hinauf, und ihr Duft mischt sich mit dem Geruch des Buchsbaums, und der große, frische, wilde Hauch der See streicht zu uns herüber und würzt alles. Kennst du die See? Liebst du die See, das wundervolle, blaue Mittelmeer? Ja, blau ist es am Tage, blau wie der Himmel, mit flimmernden Silbersternen besät. Aber gegen Abend, da ist es nicht mehr blau; wenn die Sonne hinein versunken ist und es angezündet hat, da leuchtet’s wie von Flammen durchlodert. Da ist es am schönsten, da werden wir hinausrudern, leise, leise wird sich unser Kahn schaukeln auf dem leuchtenden Flammenmeer, aus dem ein kühlender Hauch aufsteigt. Es ist ein Bild unsrer Liebe, das leuchtende Flammenmeer, aus dem ein kühlender, lindernder Hauch aufsteigt. Zdenko, Zdenko, freust du dich?“
„Ja, ich freue mich.“
Wie konnte sie ihn fragen! Sie mußte es doch erraten haben, wie ihm zu Mute war, wenn er so dasaß mit diesem traurigen Gesicht, wenn er ihr antwortete mit dieser müden Stimme.
War sie stumpf und blind? Er selber hatte die Empfindung, als ob sie in ihm läse wie in einem offenen Buche, sie wußte, daß er sie verabscheute, aber sie wollte ihn doch. Vielleicht dachte sie, ihn zwingen zu können, sie zu lieben, bis sie ihn einmal ganz haben würde, ganz.
Ossip Schubin: Vollmondzauber. Stuttgart: J. Engelhorn, 1899, Band 2, Seite 97. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vollmondzauber.djvu/255&oldid=- (Version vom 1.8.2018)