umgaben. Eine Blüte nach der andern fiel unter dem scharfen Zusammenklippen der Gartenschere.
Von Zeit zu Zeit schweiften ihre Blicke über ihre Umgebung hin.
Wie schön alles noch war, aber wie nahe der Verwesung schon.
Um die weißen Stämme der Birken schimmerte es wie goldene Schleier, die Linden waren fast gänzlich kahl, violettbraun streckten sie ihr Geäst in die feuchte Luft, unter ihnen bedeckte das fahle Laub den smaragdgrünen Rasen mit mattgoldenen Farben. An einigen Ahornbäumen und Büschen zitterten wie in Todesangst gelbe, mit Braun punktierte Blätter, die Adlersbeerbäume glühten und lohten wie Flammen in die allgemeine Auflösung hinein, während das Laub der Akazien dunkelgrün von der Sonnenhitze und Herbstkälte kaum berührt, dennoch des Todes gewärtig die Blätter senkte.
Annies Augen hefteten sich auf die Akazien. Das war das Allertraurigste, dieses gesunde, grüne Laub, das ohne Müdigkeit, ohne Krankheit sich dem Todesurteil der Jahreszeit fügte.
Die Luft war feucht, fast schwül, und den falschen Veilchenduft des Herbstes beherrschend wehte überall der Geruch von nasser Erde, der Geruch eines offenen Grabes.
Durchsichtige Nebel schlichen über den Rasen hin
Ossip Schubin: Vollmondzauber. Stuttgart: J. Engelhorn, 1899, Band 2, Seite 110. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vollmondzauber.djvu/268&oldid=- (Version vom 1.8.2018)