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Verschiedene: Wünschelruthe


ein altes Kunstwerk, und soll den Schlaf vorstellen. Glücklicherweise ist es ganz unversehrt auf uns gekommen. In der rechten Hand (der Beschreibung zu Folge, denn nach dem Kupferstich wäre es die Linke) hat er einige Mohnhäupter, und zu seinen Füßen erblickt man die Eidechse. Er befand sich ehemals in der Sammlung des Palastes Ghigi.

Ein andrer Knabe, der ebenfalls auf einem Löwen oder einer Löwenhaut schläft, mit der linken Hand einige Mohnhäupter hält, zur Seite aber die Eidechse und die eingegrabenen Buchstaben: O.V.A.R.N.M. hat, gab den Stoff zu einem heftigen Federkrieg zwischen Jacob Tollius und Jacob Rondell[1].

Endlich verdienen noch zwei geflügelte Knaben erwähnt zu werden, die man vor Zeiten zu Prag aufbewahrte. Sie schlummern auf einer Löwenhaut, haben Mohnhäupter in der Hand und ein Horn des Ueberflußes zur Seite. Von dem einen besitzen wir eine Abbildung [2], nach welcher er zwei kleine Hörner, den Ziegenhörnern nichts unähnlich, am Haupte hat. Allein er ist gewiß keine Arbeit des Michel Angelo, und noch weniger des Paxiteles. Es ist zu verwundern, daß noch Niemand auf den Gedanken fiel, daß vielleicht diese beiden Amorine, nebst andern bei der Plünderung von Mantua erbeuteten Kunstsachen, nach Prag gebracht worden sind. Uns scheint es gewiß zu seyn, daß sowohl der angebliche Amor des Praxiteles, als auch der des Michel Angelo mit so vielen andern Antiken bei der Erstürmung Mantuas vernichtet wurden, und es ist sehr zu bedauern, daß wir sie nicht einmal durch eine Zeichnung oder eine genaue Beschreibung kennen.




Cornelia Bentivogli.
Novelle von Joh. v. d. Babenburg.




Zu Bologna hielten sich einsmals zwei spanische Studenten auf, Antonio de Iduna und Juan de Gambia, die, von edlen, sehr reichen Aeltern, und in der Blüthe der Jahre, keine Jugendlust unterweges ließen, und wohl mehr nach den schönen Mädchen und Frauen sich umsahen, denn nach ihren Büchern und Heften. Unter den vielen Schönen der Stadt aber war damals die Krone Cornelia Bentivogli, deren Vorfahren einst über Bologna geherrscht. Sie lebte seit dem Tode ihrer Aeltern unter dem Schutze ihres Bruders Lorentio, der sie in der strengsten Eingezogenheit hielt, wie ein schönes Gemälde, das leicht an der Luft verderben mag, so daß sie ausser bei ihrem Kirchgange kaum zu sehen war.

Einst begab es sich, daß Juan de Gambia, tief in der Nacht von einem lustigen Gelage eben nach Hause gehend, als er bei Cornelia’s Wohnung vorüber kam, sich zurufen hörte, er solle an die Hausthüre treten. Das gethan fragte ihn eine fremde Stimme, ob er Giovanni sey, worauf er, irgend ein ergözliches Abenteuer vermuthend, auf alle Gefahr hin Ja sagte. Sofort übergab man ihm ein Bündel mit dem Bedeuten, es wohl zu verwahren und dann wieder zu kommen, und schloß die Thüre hinter ihm ab. Wie er nun so allein auf der Straße, merkte er bald, er trage da ein neugeborenes Kind, und man habe ihn wohl für einen Andern angesehen. Nach kurzem Besinnen trug er jedoch diese Gabe nach Haus, und befahl sie seiner Wirthin auf das Sorglichste, um so mehr als er aus dem Wickelzeug des Kindes wohl sah, es stamme von reichen Leuten. Hierauf kehrte er wieder nach dem Hause zurück, wo er so beschenkt worden; da hörte er Einen um Hülfe rufen und sich gegen Viele, die auf den eindrangen, mühsam wehren. Sogleich zog er seinen Degen und stand dem Bedrängten bei, bis endlich Wachen dazu kamen, und die Meuchelmörder verjagten. - Beide, Juan und der Gerettete, waren leicht verwundet, auch hatte Juan im Gefechte seinen Hut verloren. Den nächsten besten jezt von der Straße aufhebend, sagte er noch seinem Schüzling auf Begehren seinen Namen, und begab sich, da mehrere Diener kamen jenen fortzuführen, nach seiner Wohnung.

Unterdessen war Antonio ausgegangen, seinen Landesgenossen zu suchen; da stürzte ihm ein Weib entgegen, das ihn um Gottes und aller Heiligen Willen bat, sie zu schützen und in Sicherheit zu bringen. Er war dazu gerne bereit, und führte sie sorgsam nach seinem Hause; aber mit Erstaunen bemerkte er da, wie sie von ungemeiner Schönheit und sehr reich gekleidet. Auf das Ehrerbietigste suchte er sie nun zu beruhigen, und ihre Begebenheit von ihr zu erfahren, aber sie sprach nichts als in höchster Angst, er möge sie verbergen, und dann nach der Straße eilen, unter denen, die sich dort ermorden wollten, Frieden zu stiften.

  1. S. Tollii Fortuita litterar. p. 261. Bayle nouvelles de la Rep. des lettres 1668. Deccemb. 1687. Mart.
  2. S. J Tollii Epistolae itinerariae etc. cum notis H. C. Hennini. Amst. 1700. 4. p. 72. „Praeterea nonnullae illic statuae, et signa duo antiqua cupidinis leoni indonnientis, quorum alter corollas manu sinistra tenebat, plurimum ad mei cupidinis illustrationem facientia; quorum delincationes ab humanissimo Leichsio mihi promissas, et post ex fide transmissas, hic locum communico.“ Nach dem Kupferstich hat er die Mohnhäupter in der rechten Hand, und ruht mit der linken auf dem Fruchthorn. Leichs nennt sich Regiae Gazae ac pinacothecae praefectum.
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Verschiedene: Wünschelruthe. Vandenhoek & Ruprecht, Göttingen 1818, Seite 58. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:W%C3%BCnschelruthe_Ein_Zeitblatt_058.jpg&oldid=- (Version vom 9.12.2016)