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Verschiedene: Wünschelruthe

Hätt ich Glück und guten Wind, so führ ich wohl in einem Schüsselkorb über den Rhein.




Anfang des dramatischen Märchens
Fortunatus und seine Söhne,[WS 1]
von Thomas Dekker.




(Schluß).

Fortunatus.. Wie, was, bin ich verzückt? Ist das die Erde?
Ist es Elysium?
          Fortuna. Auf, Fortunatus!
Fortunatus. (steht auf, und wirft sich vor Fortuna nieder).
Furchtbare Göttin! Solch ein armer Schelm,
Wie ich, darf solche hehre Gottheit sehen?
Verzeihung! denn ich kam hierher, geführt
Von meinem Schicksal, nicht durch eignen Vorwitz.
In diesem Wald hab ich mich matt gelaufen.
Ich sah die müde Sonne dreimal ruhen,
Dreimal die tolle Cynthia reiten nackt
Auf rostgen Wegen an dem Firmament,
Besetzt mit Sternenlichtern, deren Pracht
Gefunkelt, huldigend der schwarzen Nacht.
Fortuna. Dies Wandern hört nun auf. Doch diesen Kreis,
Wo ich und jene Feenschwärme hausen,
Kannst du verlassen nur, wenn ich dich führe.
Ich bin die Kaiserin der Welt, Fortuna.
In dicke Blätter Stahls schrieb diese Hand
Ein ewig Buch, wo wandellos entschieden,
Wer glücklich ist, wer elend ist hienieden.
Fortunatus. Ist jeder Name dort geschrieben, Fürstin,
Steht meiner sicherlich in schwarzen Lettern.
Obgleich ich nach dem Glücke bin benannt,
Bin ich ein Sohn der Schmach, ihr eng verwand.
Die Könige. Wir sind der Schmach verwandt, sind ihre Söhne.
Fortuna (zu Fortunatus). Du sollst Fortuna’s Liebling fortan sein.
Sieh diese vier, wie Sklaven angefesselt,
Sie schuf ich einst zu Königen und Kaisern,
Die jetzt am tiefsten unter mir sich finden.
Hier dieser war einmal ein deutscher Kaiser
Der vierte Heinrich; ward dann abgesetzt,
In einen finstern Kerker drauf geworfen,
In Silberketten schmacht’ er so zu Tode. -
Friedrich der Rothbart ist der andre, Kaiser
Von Deutschland einst, doch dann trat Alexander,
Der Papst, wenn er sein Roß bestieg, auf jenen,
In diesen Fesseln sterb’ er als sein Knecht. -
Der Arme hier trug vormals Frankreichs Krone,
Ludwig der fromme, durch der Söhne Stolz
Macht’ ich, daß er vor Hunger hier vergeht. -
Hier steht das wahre Abbild jedes Jammers,
Der arme Bajazet, der Türken Kaiser,
Und einst der größte Fürst im Morgenland.
Fortuna selbst, erzählt man, schaute zu
Bei deinem Fall, als gierig du die Brocken
Verschlangst, dich krümmend vor dem Scythen-Bauer,
Dem tapfern Tamerlan, Fortuna’s Schooßkind.
Im Eisenkäfig wirst du nun geschleift
Ihm nach, dem Sieger, und kannst dort im Grimm
Dein Hirn zerschmettern.
     Vierter König. Weh mir elenden!
Fortuna. Nicht Thränen schmelzen des Geschickes Herz.
Hier diese stürzt’ ich, jene hob ich auf.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Fotunatus
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene:Wünschelruthe. Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht, 1818, Seite 85. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:W%C3%BCnschelruthe_Ein_Zeitblatt_085.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)