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Wünschelruthe


sterben, auch sey er fett und übermorgen sollten ich und Sie und vielleicht noch ein Paar ihn bey ihm essen, ich möchte es Ihnen schreiben. Ich nahm es für uns beyde an, aber da muß ich vorher fragen, ob Sie noch fromm sind, oder ob meine bittre Magenessenz die Trüffelpastete in Ihnen und ihre Leber, die mit der Gänseleber simpathisirt, kurirt hat? Sie müssen wieder sündigen, ich kann ohne Sie nicht lustig seyn, ich meine ohne Ihren Gegensatz. Der Meister wird selbst kochen, es wird delikat. Musengünstling, schmieren Sie eine Art Apotheose auf den Puthahn, wie er lange von der Musik zum Opfertode vorbereitet, endlich unter Abrahams Messer fällt. Nehmen Sie den Abraham auf Moria zum Vorbild, so haben wir das musikalische Ingredienz und erheben Sie nur bey jeder Gelegenheit des Meisters Musik zum Himmel, so rückt er alle seine guten Weine nach der Reihe heraus, der Puthahn muß sich freuen den Magen eines solchen Musikers zu begeistern. Es giebt vielleicht noch mehr Spas an dem Tage, ich schreibe Ihnen noch davon, Psyche muß kommen und der Teufel soll Sie holen, - wenn Sie nicht einmal wieder so lustig wie damals, als Ihnen der lederne Eierkuchen wie ein Heiligenschein auf den Kopf gesetzt und wohlbefestigt wurde.

          Vale.

Direktor.          


(Die Fortsetzung folgt).




Volkslieder.




6.

(115 gute Liedlein).

     Es jagt ein Jäger geschwinde
Dort oben vor dem Holz,
Mit seiner schnellen Winde,
Fand er ein Wild was stolz;

5
Auf einer weiten Haide

Da er das Wild ersach,
Mit seinen Winden beiden
Hetzt er hinden nach,
Vom G’spür will ich nit scheiden,

10
Der selbig Jäger sprach.


     Das Wild hat keinen Namen,
Da ich’s bei nennen will,
Aus adelich Gezamen
Giebt er der Kurzweil viel,

15
Sein Aeuglein sind ihm geschwinnet(?)

Darin man sich ersicht,
Der Mund vor Röthe brinnet,
Darmit sich Jäger g’schwicht,
O Glück dem Jäger ginnet,

20
Darauf lag sein Gedicht.


     Sein Horen er erschallet,
Daß in den Wald erhall,
Das Wild was wohl gestallet
Sprung über Berg und Thal,

25
Bis daß er’s nieder fället

Bei einem Brünnlein rein,
Er auch ganz statt nachstellet
Dem edlen G’spüre sein,
Den Spür er auserwelet,

30
Das bracht das G’wild in Pein.




Die Rose am Dome zu Hildesheim.







Als im blinden Heidenthume
     Deutschlands[WS 1] finstre Waldung lag,
Und vom Thurm zu Christus Ruhme
     Läutend keine Glocke sprach:

5
Kam der große Karolinger

     In das alte Sachsenland;
Nicht zum bloßen Volksbezwinger
     Und Verwüster hergesandt:

Nein, die kaiserliche Rechte

10
     Streute Heil und Seegen aus;

Was erkämpft sie im Gefechte,
     Baut sie auf zum Gotteshaus;
Cathedralen und Abteyen
     Hoben strahlend sich empor,

15
Und zur Andacht frommer Layen

     Sang ein geistlich frommes Chor.

Ueber alle Länder fliegen
     Ruhmes Fitt’ge solcher That;
Alle Herzen zu besiegen

20
     Senken sie sich am Euphrat.

Harun Raschid durch Gesandte
     Both ihm Gruß und Handschlag an,
Das Geschenk, das er ihm sandte,
     War das ganze Canaan.

25
Nimm, sprach der Gesandte stehend,

     Die Geschenke gnädig an:
Diese Fahne purpurn wehend
     Sey dein Brief für Canaan.
Sieh, sechs Rosen sind das Zeichen

30
     Golden sind sie eingestickt,

Jeder Saracen wird weichen,
     Wo er dieß Panier erblickt.

„Bringet Grüße dem Califen“ -
     Sprach der große Karl zurück.

35
„Sagt ihm, meine Pflichten riefen

     Mich zu meiner Völker Glück.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Deutfchlands
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene:Wünschelruthe. Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht, 1818, Seite 90. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:W%C3%BCnschelruthe_Ein_Zeitblatt_090.jpg&oldid=- (Version vom 29.4.2018)