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Verschiedene: Wünschelruthe

Vogels von einerlei Feddern fleiget geern tohope.




Lied.







Hörst du die Nachtigallen klagen
Im tiefsten Hayn
Beym Abendschein?
Was wollen sie dem Blütbenhayn

5
Mit Klagetönen sagen?

Ach! ihre Pein
Kennt Natigall allein,
Und Liebe nur versteht ihr Klagen!

Helmina v. Chezy.




Märchen vom Ritter und vom Vogel.




(Schluß).

Unterwegs sah Fredegunde den Geliebten mit thränenfeuchten Augen an, und ihn fester an die bebende Brust schließend, sagte sie - „O Franz uns steht noch viel Uebel bevor! der schwarze Ritter ist euch innen schwarz - sein Blut ist nicht roth - sondern wie die mondlose Nacht - und sein Herz schlägt nicht - es steht ewig still - es ist von Stein! Wisse nur, meine Mutter ist sehr bös auf dich, sie wird mich nimmermehr in deinen Armen dulden - heute hast du mit ihr gekämpft und sie aufs grüne Feld hingestreckt. Sie war euch die Alte in der Hütte - der du mich entführtest - den blauen glänzenden Vogel - der schwarze Kater war meiner Mutter Mann und ist jetzt König! Das wirst du mir nicht glauben, o du süßes Leben - denn du weist nicht wie das Alles zuging. - Mein Vater war schon einmal König - da kam ein junger Ritter, den liebte meine Mutter mehr als meinen Vater; einst fand sie mein Vater in seinen Armen und war im Begriff beide niederzustechen, als meine Mutter künstlichen Zauber brauchte - und uns alle verwandelte. Seit dem lebten wir in der stillen Thalhütte und meiner Mutter Geliebter ward König. Der Zauber dauerte so lange bis dieser gestorben war - deshalb stand auf dem schönen Kästchen was du kennst - „bis zu Freundes und Feindes Tode!“ denn der König war meiner Mutter herzlieber Freund und meines Vaters Feind. Das alles hast du in dem hellen Spiegel wohl gesehen. Hinter dem Spiegel waren rothe Feuer in denen meine Mutter dich zuerst gesehen hatte und dich deshalb gleich kannte als du in unsre Hütte kamst. In dem Feuer tanzten unaufhörlich meine und meines Veters Menschenseelen - und so konnte meine Mutter immer wissen was wir dachten! Meine Liebe zu dir kennt sie auch längst! Als ich bei dir im Walde kniete hatte ich meinen Zauberring abgenommen und war zur Jungfrau geworden! Jetzt darf ich ihn nur noch einmal um den Hals legen - dann werde ich wieder Vogel und schwimme in freien blauen Lüften - aber Mensch kann ich dann nicht wieder werden, denn, meine Mutter verbrennt dann aus Wuth meine Menschenseele in dem rothen Feuer, hinter dem Spiegel. Das geschieht aber erst nach deinem Tode, - wenn ich so viel Thränen in dein Grab geweint habe, daß der helle Quell meiner Augen versiegt ist!“ - Sie drückte einen heißen Kuß auf seine Lippen - ihre Thränen flossen wie lichte Perlen auf dem Spiegel seiner Rüstung - sie seufzte tief! Es war Nacht geworden, und bei dem Fackelschein der Sterne ritten die Glücklichen, in den Burghof ein. König und Königinn kamen ihnen entgegen - sie schlossen das theure Kind in ihre Arme. Da wandte sich der König zu Franz, und indem er sich stellte als ob er ihn

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Verschiedene:Wünschelruthe. Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht, 1818, Seite 117. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:W%C3%BCnschelruthe_Ein_Zeitblatt_117.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)