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Verschiedene: Wünschelruthe

Früh gefreit, hat niemand gereut.




Clärchen.







     Im Lüftchen wohnt ich weiß nicht was,
Ich trink’ es athmend ein,
Es brennt in mir ohn Unterlaß,
Und dringt zum Herzen ein –

5
Es reget auch die Seufzer auf,

Und macht die Augen naß,
O sag es mir, ich weiß nicht was,
Was regt die Seufzer auf? –
     Ist es der Rose süßer Hauch,

10
Der in dem Lüftchen weilt? –

Weckt Schmerzen denn die Blume auch,
Die Nichts, ach Nichts mir heilt?
Nein giftig sind die Biüthen nicht,
Sie regten nicht den Schmerz,

15
O sag’ es mir, ich weiß es nicht,

Was dringt mir so ans Herz? –
     Ist es der bange Flötenton
Der aus dem Walde spricht?
Ist’s wohl des Mondes Silberschein,

20
Der durch die Wolken bricht? –

Ach sag was mich so weinen macht,
Was so zum Herzen drang;
War’s Mondenlicht? War’s Rosenduft?
Wars Nachtigallgesang?

Z.


Ueber altdeutsche Gemälde.




(Fortsetzung).[1]

Wir schließen diesen Aufsatz, statt ihn auf die angefangene Art und in demselben Umfange fortzusetzen, mit einer kurzen Anzeige von der Sammlung des Hrn. Bettendorf in Aachen, welche unter denen, die die allerherrlichsten Bilder enthalten, eine der ersten Stellen einnimmt und fast am allerwenigsten bekannt und besprochen ist. Wir treten hier in einen bestimmteren und ausgebildeteren Kreis von Künstler und Kunstwerken, in dessen Gesammtheit sich Eine feste große Gesinnung ausspricht, und wir finden darin einen Anlaß wenige Worte über die Richtung und Bedeutung der altdeutschen Kunst überhaupt vorauszuschicken.

Da eine bloße Idee für die bildende Kunst gar nichts ist, sondern in ihr erst dadurch, daß sie sich in der Natur offenbart, eine Bedeutung für das Leben erhält, so widerlegt sich die Meinung, als wenn die alten Künstler sich weniger um schöne Bildung und äußere Herrlichkeit bekümmert hätten, um dem Geistigen in der Kunst sowohl im Ausdruck als in den Farben allein nachzujagen, schon von selbst. Es wäre eine solche Ungebundenheit auch gar nicht die rechte und nicht liebenswürdig, sondern vielmehr ein übermüthiges Sichverschließen gegen Gottes Offenbarungen; und wir finden etwas ähnliches eher bei späteren Künstlern, die sich aus einseitigen Beobachtungen über die Formen ein abgeschlossenes Abstraktum derselben zusammensetzten, dem sie nachher aus Gewohnheit nachbildeten und darüber die ursprüngliche durchaus mannichfache Gestaltung in der Natur vernachlässigten und vergaßen, welches nie die rechte Bildung des Ideals im Geiste ist. Widrig kann uns Unvollkommenheit der Form nur dann nicht werden, wenn wir durch das Unvermögen des Bildners hindurch das liebende Streben nach dem großen Ziele wahrnehmen, und in dem Werke selbst sehen daß er sich etwas schöneres dachte als er hervorzubringen vermochte.

Es ist klar daß alle Symbole, die sich bloß durch ein positives Gegebenes, durch das Wort, aus dem Innern der


  1. S. Nr. 40.
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Verschiedene:Wünschelruthe. Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht, 1818, Seite 201. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:W%C3%BCnschelruthe_Ein_Zeitblatt_201.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)