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berührten und von derselben Hand ausgeübt wurden, wie das mannigfaltigste Treiben den Platz und seine Wohnungen füllte.

Hier, wo uns nur das Geistliche gilt, ist das Bild darum nicht weniger ansprechend. Als charakteristisch vor allem erweist sich die libertas, die Freiheit, die engere Immunität dieses der Gewalt weltlichen Gerichts verschlossenen Münsterbezirkes. Er umfaßte das castrum oder atrium, dem heutigen Münsterplatz entsprechend, und innerhalb dieser Freiung waltete ein besonderer Friede, dessen Bruch als sacrilegium galt und schwer gebüßt wurde; in den Domherrenhöfen, die den Platz umschlossen, konnten weder Menschen noch Güter mit Arrest belegt werden und fand der Fliehende eine Freistatt.

Die Domherren haben anfangs ihre Behausungen jedenfalls da gehabt, wo heute der Kreuzgang seine Hallen öffnet. Die bis in spätere Zeit festgehaltenen Bezeichnungen einzelner Teile des Kreuzganggebietes (capitulum, refectorium, scolae, latus canonicorum) zeigen die der alten Regel folgende Gemeinsamkeit des Wohnens auf dieser Stelle, an welche Gemeinsamkeit überhaupt der Name Münster noch heute erinnert. Dieses Stiftsgebäude, in dem die Herren wohnten, aßen und schliefen, hieß claustrum; in unmittelbarer Verbindung mit ihm stand die Wohnung des Bischofs. Und zwar scheint dieser Zustand bis an die Wende des zwölften und dreizehnten Jahrhunderts gewährt zu haben. Nicht ohne Störung freilich. Die Vorschrift gemeinsamen Lebens, die auch den Stiftsklerus unter mönchische Ordnung zu beugen bestimmt gewesen, wurde anderwärts schon früh außer Acht gelassen, und daß sie auch in Basel nicht mehr zur Anwendung kam, zeigen die wiederholten Rügen der Päpste über den Besitz mehrerer Wohnungen im claustrum durch einzelne Domherren. Völliges Verlassen dieses Stiftshofes durch die Kapitularen hat wohl erst stattgefunden, als nach dem Brande von 1185 die Erweiterung der Münstergebäude gegen Süden eine gänzliche Umgestaltung der hier stehenden Gebäude nötig machte. An deren Stelle wurde nun der Kreuzgang angelegt, die Domherrenwohnungen aber nach moderner Art rings um den Münsterplatz her eingerichtet. Sie begegnen uns hier urkundlich nicht vor 1234; ihre geschlossene Reihe gab dem Platze den Charakter eines Stiftshofes.

Die bischöfliche Residenz haben wir uns, wie schon gesagt wurde, in Verbindung mit dem alten claustrum zu denken, sowie in unmittelbarer Nähe des Münsters. Ihre früheste Erwähnung findet sich im Kapitular Hattos von c. 820, wobei aber nicht klar wird, ob von einem königlichen oder einem bischöflichen Palaste die Rede ist. Bischof Heinrich im Jahre

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 120. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/139&oldid=- (Version vom 1.8.2018)