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die Nachrichten der Chroniken, endlich die Gebäude selbst uns hierüber lehren, läßt uns schließen auf eine allgemeine, jedenfalls auch durch Wetteifer, Neid und Stolz geweckte Regsamkeit sowie auf ein außerordentliches bauliches Können. Weniger bestimmt vermögen wir die Frage nach den zum Bauen nötigen Geldmitteln zu beantworten. Die Verschiedenheit, die sich im Betriebe zeigt, ist auffallend. Während die erste Kirche der Barfüßer rasch entstanden zu sein scheint, zog sich der Bau zu Predigern über Jahrzehnte hin; am Münster wurde wahrscheinlich das ganze Jahrhundert hindurch gebaut. Ohne Zweifel wirkten hiebei die Geldverhältnisse mit. Wenn ein Stift oder Kloster einen Bau unternahm, standen außer den Spenden, die durch Kollekten oder vermittelst Ablaßverkündung aufgebracht wurden und gewiß ungleichmäßig eingingen, keine flüssigen Kapitalien zur Verfügung, sondern Einkünfte aus festgelegten Renten. Es ist daher natürlich, daß der Bau nur langsam gefördert werden konnte.


Wenn so die Kirchen, Stiftshäuser und Klöster das Stadtbild beherrschten, so trat dem als Verwandtes zur Seite die außerordentliche Wirksamkeit aller dieser Korporationen im Liegenschaftswesen. Freilich dürfen wir uns nicht durch den Zustand der Überlieferung zur Ansicht verleiten lassen, als ob Grund und Boden ausschließlich in der Gewalt der Geistlichkeit gewesen wäre; über den ganzen, möglicherweise ausgedehnten Liegenschaftsbesitz der Laien, zumal der Ritter und Burger, fehlen uns nur die Nachrichten. Aber doch war dieser kirchliche Besitz ein sehr ansehnlicher, wie schon die Masse der von Erb und Eigen redenden Pergamente der Gotteshäuser zeigt; ihre Ergänzung findet sich in den auf den Liegenschaftsbesitz bezüglichen Eintragungen der Anniversarien und Zinsbücher, unter denen namentlich das an solchen Einträgen überreiche Buch von St. Leonhard zu nennen ist. Im Zusammenhange hiemit ist hervorzuheben, daß von städtischen Bestimmungen, durch die eine zu weit gehende Anhäufung von Immobilien in der Hand der Kirche verhindert werden sollte, in Basel nichts verlautet, während andere Städte schon zu dieser Zeit solche Bestimmungen erließen.

In der Hauptsache erscheint der kirchliche Besitz in der Stadt als ein arrondierter. Wie jedes Stift und Kloster seine Gesellschaft hatte, seine Anhänger, Gönner und Helfer, so auch in ähnlich bestimmter Umgrenzung einen Kreis der von ihm Abhängigen. Eine Nachbarschaft, die seine eigene Welt war. Bei St. Alban liegt dies klar zu Tage. Auch bei St. Leonhard finden wir einen solchen Zustand, und das Minoritenkloster hat die

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 162. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/181&oldid=- (Version vom 1.8.2018)