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Gewalt und auf Massen; als Denker, als Gelehrter diente er in unvergleichlicher Weise der Theologie, schuf er eine neue Naturwissenschaft; der Ruhm, den er hiebei gewann, lebte im nicht großen Kreise Derer, die ihn verstanden, aber auf Jahrhunderte. In Basel hat er sich nachweislich zweimal aufgehalten, 1263 und 1269; am 9. September des letztern Jahres weihte er den Chor der Predigerkirche.

Andre über die Menge ragende Figuren sind die Vertreter der päpstlichen Weltherrschaft, die Legaten: der Kardinalpriester von St. Sabina, Hugo, der im Frühjahr 1251, wenige Monate nach Friedrichs Tod, als Gesandter des frohlockenden Papstes und als Träger von Befehlen, die auf Vernichtung des staufischen Königtums gingen, von Lyon nach Deutschland zog und hiebei auch Basel berührte; dann nach drei Jahrzehnten der Kardinalbischof Johann von Tusculum, von Papst Honorius nach Deutschland gesandt, um wegen der Romfahrt König Rudolfs zu verhandeln und wohl auch um einen neuen Kreuzzugszehnten auszuschreiben; im September 1286 hielt er sich in Basel auf, erteilte dem neugewählten Bischof Peter die Konsekration, bestätigte dem Stift St. Leonhard den Besitz der Kirche Stetten. Aber sein Verhalten machte den übelsten Eindruck; in maßloser Weise forderte er Leistungen aller Art, und zornig berichtet von ihm der Chronist, daß er mit seiner Simonie das ganze Reich betrogen und vergiftet und sich so auch in Basel einen großen Schatz gesammelt habe.

Durch die Menge der Erscheinungen hindurch spüren wir ein beständiges Fluten. Das stete Bewegtsein dieses Lebens wird in der frühern Zeit nicht so sichtbar; jetzt erkennen wir auch das Einzelne. Das rege Getriebe der Verwaltung, der Aufsicht, des Verkehrs liegt offen vor uns. Den Eintritten in die Klöster antworten Austritte, in die Welt zurück. Es zeigen sich Ueberläufer von einem Orden zum andern. Der Pleban von St. Martin beugt sich unter eine Regel und wird Chorherr zu St. Leonhard. Auch das häufige Wandern ganzer Niederlassungen ist zu beachten. Die Bernhardinerinnen kommen von Tänikon nach Basel, dann nach Michelfelden, dann nach Blotzheim; die Clarissen ziehen von Großbasel nach Kleinbasel, die Klingentaler Frauen aus dem Wehratale in die Stadt. Die größte Beweglichkeit waltete jedenfalls bei den Mendikanten. Schon das tägliche Leben des Bruders war hier kein ruhiges Verweilen im Kloster, sondern ein Reisen. Denken wir an alle die Herbergen der Minoriten, der Prediger, der Augustiner rings um Basel, so wird uns eine Vorstellung von dem beständigen Umherwandern dieser Mönche im oberrheinischen Gebiet. Aber es bestand überhaupt keine Zugehörigkeit des Einzelnen zu

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 186. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/205&oldid=- (Version vom 1.8.2018)