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sein Bistum zum Teil der Agitation der Barfüßer verdankte. Dürfen wir hienach ein Eingreifen dieser Barfüßer zu Gunsten Pfirts annehmen und weiterhin vermuten, daß der Bischof die ihm abgewonnene Vergünstigung schon bald bereut habe, so erklärt sich seine Haltung in dem eben jetzt losbrechenden Beginenstreit.

Eine Konstitution des Concils von Vienne hatte 1311 die Beginen aufgehoben, mit Rücksicht darauf, daß in Beginenhäusern häretische Lehren verbreitet würden und daß sie Gelegenheit zur Unzucht böten. Doch ergaben sich bei Ausführung dieses Beschlusses Schwierigkeiten, indem einzelne Beginen ihre Orthodoxie, andere wiederum ihre Zugehörigkeit zum Dritten Orden erweisen konnten. Die Folge war Ungleichmäßigkeit im Verfahren der kirchlichen Obern, und die Haltung mußte um so schwankender sein, je weniger klar der Unterschied zwischen Beginen und Tertiariern vorhanden war oder erkannt wurde. Einer unberechtigten Ausdehnung des Spruches von Vienne auf die Tertiarierinnen des Minoritenordens war Papst Johann allerdings 1317 durch eine ausdrückliche Interpretation entgegengetreten. Dennoch dauerte die Verfolgung dieser Schwestern, namentlich von Seiten des den Minoriten feindlichen Weltklerus, vielerorts weiter. Auch in Basel geschah dies, so daß der Papst Anlaß nahm, den Schutz der Schwestern und der mit ihnen verbundenen Minoriten zu Basel dem Erzbischof von Besançon zu übertragen, aber ohne Erfolg. Denn wer hier den Barfüßern am entschiedensten entgegentrat, war der Bischof selbst. Mit einer Leidenschaft, die nur in ganz bestimmten Verumständungen ihre Ursache haben konnte, verfuhr er gegen die Brüder des Hl. Franciscus. Das Aufhebungsurteil von Vienne bezog er auf die Tertiarierinnen und erklärte die Barfüßer, als Begünstiger jener von der Kirche verdammten Personen, für exkommuniziert. Den wiederholten Mandaten des Papstes gegenüber hielt er mit merkwürdiger Hartnäckigkeit an diesem Verfahren fest und verpflichtete dazu, von seinem Offizial Richlin unterstützt, auch die gesamte Geistlichkeit der Stadt und Diöcese. In erregten Worten schildert der Chronist des Barfüßerklosters diese schwere Zeit. Ueber Basel war das Interdikt verhängt. Wenn einer der Barfüßer ein Dorf in der Umgegend besuchte, wurde dort der Gottesdienst eingestellt. Den Anhängern des Konventes wurden die Sakramente verweigert, ihre Toten mußten sie im freien Felde bestatten. Das Wichtige ist, daß es sich nicht nur um eine Zwistigkeit innerhalb der Kirche, um einen Hausstreit handelte, sondern um eine das Leben weiter Kreise unmittelbar ergreifende Sache. Denn viele Bürger, und diesen voran der Rat, standen zu den Barfüßern, auch der Graf von

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 234. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/253&oldid=- (Version vom 1.8.2018)