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darauf, den Gottesdienst wieder zu beginnen. Die Lage war in jedem Betrachte schwierig. Da fanden die beiden Bürgermeister, deren kluge Führung der Stadt schon erwähnt worden ist, auch jetzt den Ausweg. Sie traten mit dem Rate vor den König, und hier erklärte Konrad von Bärenfels, weder gestehen noch glauben zu wollen, daß Kaiser Ludwig je ein Ketzer gewesen; auch würden sie Jeden für einen König oder Kaiser halten, den die Majorität der Kurfürsten gewählt, auch wenn er die Bestätigung des Papstes nicht suchen wollte; sie würden auch nichts unternehmen gegen die Rechte des Reiches; aber wenn der Bamberger Bischof Macht habe, ihnen ihre Sünden zu vergeben, so solle es ihnen recht sein. Nach dieser Rede wendete sich Bärenfels ans Volk und rief ihm zu: „gebt ihr mir und Konrad Münch Gewalt, zu bitten, daß ihr von euren Sünden absolviert werdet?“ Das Volk rief: „ja!“ Eine weitergehende Vollmacht hatten also die Beiden nicht; aber beiseits leisteten sie nun vor dem päpstlichen Sekretär den vorgeschriebenen Eid. Dessen Hauptinhalt hatten sie durch ihre vorhergehende Erklärung aufgehoben. Dem Papste war genügt und zugleich dem Volke. „Und man hielt es für gut, ungerade gerade sein zu lassen.“ Der Bamberger Bischof ledigte die Anhänger Ludwigs vom Banne, der Gottesdienst wurde wieder hergestellt, König Karl erhielt von den Bürgern die Huldigung. Nun war Freude in der Stadt, und am Feste, das hier zu Ehren des Königs gegeben wurde, trieb er selbst allerhand Torheiten mit den Basler Damen. Aber am Weihnachtstage trat er im Münster vor den Hochaltar und sang da mit lauter Stimme, das entblößte Schwert in der Hand haltend, das Evangelium des Tages es ging ein Gebot aus von Kaiser Augustus. Das war von Königs wegen ein feierlicher Wiederbeginn des so lange unterbliebenen Gottesdienstes.

Dieser Vorgang hat hohen Wert nicht nur wegen des lebendigen Reizes der Szene an sich. Er zeigt die Schroffheit der Curie und die Schwäche ihres Geschöpfes, des „Pfaffenkönigs“; er gibt die erregte Stimmung der durch die Kirche mit Strafe verfolgten, am Reiche festhaltenden Bürger; er faßt in wenigen Zügen Stellung und Bedeutung der Stadt. Wichtig ist er auch als frühes Zeugnis für die politische Manier des Basler Stadtregiments. Wenige Tage später befand sich König Karl in Worms auch dort handelte es sich um Aufhebung der kirchlichen Zensuren. Da waffneten sich die Bürger, stürmten dem König vors Haus und ertrotzten von ihm und den Prälaten, ohne Schwur und frei von jeder Bedingung, die Absolution. Wie ganz anders in Basel, wo der Bürgermeister den

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 254. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/273&oldid=- (Version vom 1.8.2018)