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und die Dauerhaftigkeit einst hoch gehaltener Beziehungen ermessend, sandte Basel sein Hilfegesuch über den Jura. Es schrieb an Bern, an Zürich, an Luzern, an Solothurn und Freiburg, an Schwyz, und verlangte Beistand für den Fall, daß das fremde Volk Basel angreifen würde. Als im höchsten Grade bezeichnend erscheint dies Vorgehen und nicht minder seine offizielle Erwähnung im Ratsbuch. Am 7. März antwortete Bern mit dem Versprechen von Hilfe. Es meldete zugleich, daß die Boten aller Eidgenossen nächster Tage sich in Zofingen versammeln wollten, für Besprechung gemeinsamer Maßregeln zum Schutze Basels. Am 16. März schrieb Bern aufs neue und bat um Nachricht; es sei gerüstet.

Aber Hilfe war nicht mehr nötig. Am 25. März verließen die Fremden das Elsaß; der Landvogt und die Gräfin von Mömpelgard hatten ihr Fortgehen mit einer Summe Geldes erkauft; sie zogen an Belfort vorbei und wieder nach Hause.

Kaum war diese Gefahr vorüber, so meldete sich ein neues Unheil, größer als die bisherigen Plagen und dazu bestimmt, die Stadt bis zur Verzweiflung zu treiben.

Schon im Jahre zuvor hatten sich warnende Anzeichen vernehmen lassen, Nachrichten von einem großen Sterben draußen in der Welt. Jetzt kam die Seuche unheimlich den Rhein herauf, und um Ostern 1439 war sie in Basel.

Sie bemächtigte sich zuerst des niedern Volkes, dann überfiel sie auch die Reichen. Sie schonte kein Alter. Sie griff schnell um sich, und in kürzester Zeit stand die ganze Stadt unter ihrem Banne. Alles Lachen war verstummt, man hörte überall nur Stöhnen und Wehklagen. Und wie die Sommerhitze zunahm, sodaß alles Laub verdorrte, wuchs auch die Gewalt der Krankheit. Man sah die Priester mit dem Allerheiligsten und der letzten Oelung beständig auf den Gassen, man sah zu jeder Stunde Leichen hinaustragen. So rasch folgten sich Erkranken und Sterben, daß, wer jetzt seinen Freund noch gesund sah, nach zehn Stunden hören konnte, er sei gestorben und liege schon unter der Erde. Man wich sich aus, man wagte nicht mehr miteinander zu reden. Viele schlossen sich in ihren Häusern ein und mieden die Straßen. Von der üblichen Ordnung der Begräbnisse konnte natürlich keine Rede mehr sein. Der Rat mußte anordnen, wie es jetzt mit den Klagefrauen, mit Sarg und Grab, mit dem Geleite, mit dem Gottesdienst gehalten werden solle. Dabei nahm die Seuche immerfort zu, und ihre Wirkung wurde zur eigentlichen Verheerung der Stadt. „Wie beim ersten Herbstfrost in den Wäldern die Blätter fallen“, so sank das

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Erster Band. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1907, Seite 522. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_1.pdf/541&oldid=- (Version vom 1.8.2018)