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die seit Beginn des XIV. Jahrhunderts sich zeigen; und sehr bezeichnend ist auch, wie seit Bischof Humbert auch der Offizial zunächst nicht mehr aus den Domherren genommen wird und der Bischof damit sein Gericht dem Einflusse des Kapitels zu entziehen sucht. Erst gegen Ende des XV. Jahrhunderts finden wir wieder Offiziale, die dem Kapitel angehören. Wie die Städter ihre eigenen Wege suchen, so die Kanoniker und so der Bischof selbst. Noch immer heißen sie freilich die „lieben Brüder“, die confratres des Bischofs; aber dies Zeichen eines einfachen und vertraulichen Zustandes entspricht den Tatsachen nicht mehr.

Zwei selbständige Mächte standen neben einander, äußerlich getrennt, seit das ganze Bischofswesen und die Hofhaltung des Fürsten sich von der Kathedrale entfernt hatte; aber auch im Übrigen sich beinahe fremd, wenn auch kraft bestimmter Verhältnisse auf einander angewiesen. Der Bischof, im Kirchlichen oberster Priester und Herr, sah sich im Weltlichen vielfach an Willen und Kontrolle dieser Körperschaft gebunden, die zwar seine Wahlbehörde, aber ihm untergeordnet und zu obedientia et reverentia verpflichtet war. Eine Verschränkung von Befugnissen, die beim Gedanken an die Menschen, denen diese Regeln und Formen galten, uns die ganze Erscheinung des Hochstifts zu einem Bilde von höchster Lebendigkeit macht.


In viel stärkerem Maße als irgend eine der andern kirchlichen Korporationen war das Domkapitel durch Interessen der Kirche und der Welt zugleich beherrscht. Seine Organisation und seine Geschäfte waren von ungewöhnlicher Ausdehnung; das Ganze eine Kombination von Rechten und Kräften, die nicht nur eine Auslese bei der Besetzung der einzelnen Stellen verlangte, sondern auch die der Herrschaft Nächsten ganz natürlicherweise dazu bewog, diese Stellen für sich in Anspruch zu nehmen.

Im XIII. Jahrhundert hatte sich das Domkapitel größtenteils aus der Ministerialität und sonstigem oberrheinischem Adel rekrutiert; auch waren jeweilen Grafen in den Chorstühlen des Münsters anzutreffen; überdies stets einige Bürgerliche, deren Auszeichnung die Gelehrsamkeit war. In den ersten Zeiten nach 1300 dauerte dieser Zustand fort; neben den Dynasten Edelfreien und Dienstleuten begegnen uns Domherren, die Konrad Meier von Efringen, Burkart der Fronfischer, Konrad Bretzeler u. dgl. heißen.

Wie dann die Zeit ein enges Zusammenschließen der rein städtischen Elemente gegenüber Hochstift und Ritterschaft beförderte, ist gezeigt worden. Zuletzt gelangten diese Tendenzen zum Sieg; 1336/37 erzwangen die Zünfte

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 648. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/127&oldid=- (Version vom 4.8.2020)