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die Aufsicht auf die Geistlichen der Stadt und der genannten Nebenorte hatte. Dies war ursprünglich wohl der Erzpriester des Domstifts; später funktionierte statt seiner der mit dem Titel eines Dekans diesem Bezirke der Stadt und der „sieben freien Dörfer“ vorstehende Geistliche.

Wie aber in den andern Archidiakonaten = Dekanaten der Diözese die Geistlichkeit sich zu Konfraternitäten zusammenschloß, so auch hier. Nur wurden hier, vielleicht in Erinnerung daran, daß die Geistlichen jener sieben Dorfkirchen ursprünglich Kapläne der alten Mutterkirche gewesen waren, vor Allen die Domkapläne in die Bruderschaft gezogen und bildeten in ihr die große Mehrheit, sodaß die Bruderschaft wesentlich Verband von Domkaplänen und ihr Vorsteher, der den Namen Dekan trug, gleichfalls ein Domkaplan war.

Neben ihr, der Genossenschaft, bestand der alte organisatorische Begriff des Ruralkapitels von St. Johann auf Burg als Teil der Diözesangliederung weiter.

Die Bruderschaft rief ihre Mitglieder zur gemeinsamen Andacht vor den Altären der Bruderschaftskapelle; sie ließ ihnen jährliche Reichnisse zukommen; sie hielt für sie ein Grab im Münsterkreuzgange bereit; sie hatte ein Anrecht auf das Bett, den Kutzhut und die Überröcke des verstorbenen Mitgliedes. Namentlich aber war sie eine Anstalt zur Versicherung geistlicher Güter durch die Abhaltung von Exequien und Jahrzeiten. Wir finden daher, daß auch Laien ihre Mitgliedschaft erwarben.

Völlig abgegrenzt und selbständig, autonom, stand diese Bruderschaft inmitten des Münsterwesens. Ihr Leiter war der Dekan von St. Johann. Unter ihm führten der Kämmerer und die Sechser die Verwaltung. Den Bau und Unterhalt der Kapelle bestritt die Bruderschaft, nicht die Dombauverwaltung.

Nicht als streitbare Interessenvertretung ist die Bruderschaft zu betrachten, in der Art etwa der Verbrüderung des Straßburger Klerus 1415 und der dann in den Basler Synodalstatuten 1434 verbotenen Bünde. Völlig friedlich vielmehr und durch ein ansehnliches Vermögen zu Leistungen befähigt, war sie, wenn auch kein Obligatorium bestand und nicht alle Domkapläne ihr angehörten, doch als die Genossenschaft zu betrachten, in der die Kaplanenschaft als solche eine Repräsentation fand. Und da sie Organe mit Disziplinargewalt besah, so konnte sich allerdings empfehlen, daß z. B. Graf Rudolf von Tierstein 1346 ihr ein Kapital übergab, um daraus die Hostien für die Altäre des Münsters zu beschaffen, oder daß Bischof und Domkapitel die Handhabung der großen Ordnung über die

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 663. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/142&oldid=- (Version vom 4.8.2020)