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Aber nur sehr allmählich. Wie der Adel in manchen seiner Geschlechter, z. B. den Münch und den Ramstein, noch große Reichtümer aufzuweisen hat und mit diesen gleich den bürgerlichen Kreditoren Darleihens­- und Pfandgeschäfte treibt, so ist inmitten des städtischen Wesens noch immer unbestreitbar und über Alles hin geltend sein gesellschaftlicher Rang und Glanz. Er herrscht im Domkapitel, er lebt in der Nähe des Bischofs und im alten Besitze hoher bischöflicher Hofämter. Namentlich aber beachten wir seine Stellung im Rate.

So wenig wie das Bürgertum ist der Adel ein innerlich durchweg Gleiches. Der einzelne persönliche Sinn entscheidet. Auch jetzt noch können Edle im Rate sitzen, denen die Interessen der Stadt soviel gelten wie eigene Interessen und die durch Eifer und angeborne Regentenqualitäten die Schwäche ihrer Zahl in der Ratsgesamtheit völlig vergessen machen; zur gleichen Zeit, da ihre Nächsten und Verwandten vielleicht bei den Feinden der Stadt stehen. Das Wichtige ist, daß die Verfassung des Rates dem Adel noch immer seine bestimmten Rechte auf Teilnahme und Vorsitz gibt, und daß es nur von ihm abhängt, diese Rechte zur Anwendung zu bringen.

Über den schließlichen Ausgang freilich kann Niemand im Zweifel sein. Seit 1337, vollends seit 1382 weiß der Adel, daß die Stadt Basel politisch für ihn verloren ist. Er kann sich regen, um Zukunft Glück und Ehre außerhalb dieser Stadt zu suchen, wenn ihm das längere Verweilen hier nicht mehr zusagt. Das Leben an Höfen, die Tätigkeit in fürstlichen Regierungskollegien und Beamtungen, der Kriegsdienst ziehen Manchen schon jetzt hinweg aus den Kreisen des trotz Allem die alte Heimat noch lange nicht preisgebenden Adels.

Wie weit hinaus dieser Zug führen kann, zeigen die zahlreichen Basler in den italiänischen Soldkompagnieen der Zeit, im Dienste der Republik Pisa z. B. ein Schaler 1349 und ein Reich 1370, im Dienste des Papstes z. B. ein zu Rhein 1352, ein Münch 1363, ein Ramstein 1368. Im Fürstendienst auch erlebt unser Adel seine Katastrophen bei Sempach und Nikopolis.


Die folgenden Jahrzehnte sind bewegt durch eine merkwürdige Steigerung des Lebens auf jedem Gebiete. Alles ist voll Regsamkeit, tätig, energisch. Daher z. B. das merkantile Wesen dieser Zeit sich uns in ungewohnter Beweglichkeit zeigt. Es bildet einen neuen Kaufmannsbegriff aus, den großen Händler und Lieferanten im Gegensätze zum Krämer; es drängt auch zur Exportproduktion in der Safrankultur, in der Tuchmacherei, in der Gerberei; es schafft einzelne Kaufleutefiguren voll Leben, voll Keckheit

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 896. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/375&oldid=- (Version vom 4.8.2020)