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als einer stärkern Bezwingung des Individuums durch die öffentliche Macht. In einer merkwürdigen Äußerung bezeichnet damals der Rat selbst als Hauptaufgabe seines Regimentes, Gottes Ehre zu fördern und aller Unbill und groben Sünde zu begegnen.

Deutlich zeigt sich dieser Geist zuerst in den städtischen Luxusgesetzen 1439 f. Sie regeln die Gesellschafts- und Familiensitten der Beschenkung Bewirtung usw. bei Bestattungen. Durchweg im Sinne der Einschränkung, mit Aufhebung der bisherigen Freiheit, die zu Mißbrauch und Verschwendung geworden. Das dabei deutlich ausgesprochene Motiv des Rates ist, daß in dieser Zeit großen Sterbens viele Fremde wegen der beträchtlichen Ehrenausgaben die Stadt verlassen möchten; um dies zu hindern, dringt er auf Einfachheit. Aber daß seine Tendenz mehr bedeutet als nur ein Berücksichtigen solcher Zufälligkeiten des Momentes, zeigen die sofort folgenden Verordnungen; sie wollen auch bei Brautgastierungen auf den Stuben, beim ersten Kirchgang der Wöchnerin, bei Taufen usw. keinen Aufwand mehr sehen. Mit Erlassen von 1456 und 1462 sodann richtet sich der Rat gegen unziemliche Kleider, lange Schnäbel an den Schuhen, Tragen silbernen Schmuckes u. dgl. m.

Gotteslästerung ist bisher von der weltlichen Gewalt nur beachtet und bestraft worden in den Fällen jener „ungewöhnlichen“ Schwüre, die das Leistungsbuch mit so bemerkenswerter Sorgfalt aufzeichnet, bei jenem sinnlosen und ungezügelten Heraussprudeln alles Lästerlichen und Schmutzigen, das gerade auf die Zunge kommt. Jetzt wird Schwören und Fluchen überhaupt zum Delikte des Stadtrechtes, das der Rat verfolgt, unter Aufstellung einer amtlichen Rügepflicht für seine Mitglieder, für die Sechser, für Stubenmeister Stubenknechte usw. Mit feierlichem Ernste warnt er sein Volk vor allem Schmähen Gottes und der Heiligen.

Es ist derselbe Rat, der 1451 auch eine allgemeine Bußprozession anordnet, der 1455 durch öffentlichen Ruf von der Rathaustreppe herab darauf hinweist, wie der Menschen tröstlichste Zuversicht und ewige Seligkeit nur zu erlangen seien durch Beugung unter die göttlichen Gebote, und wie Gott, weil diese Gebote nicht gehalten werden, nicht nur seine geheimen Strafen verhänge, sondern jetzt auch die offenbaren Plagen der Epidemie, des Krieges, der Teurung, des Frostes und Mißwachses. So kommt der Rat auch zum Verlangen, daß die Klosterreformation fortgesetzt und der aus solchem Beginnen für die Stadt sich ergebende Trost und Segen gemehrt werde; so zum wiederholten Beschlusse, „Gottes Ehre zu fördern“, insbesondere zum Gebot ernsterer Begehung der Feiertage. In seinen Erlassen von 1455,

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 921. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/400&oldid=- (Version vom 4.8.2020)