Seite:Wackernagel Geschichte der Stadt Basel Band 2,2.pdf/421

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und oft als Sammelplatz dieser Menschenart, die in solchen Massen erst jetzt zu entstehen scheint.

Wie aber durch solches Kriegsvolk sich die Ferne und die Fremde dem städtischen Wesen mitteilen kann, so sehen wir dieses jetzt überhaupt in einem bisher nicht erreichten Maße durch allgemeine Kräfte berührt. Es ist die Zeit neuer Verkehrswege und eines zu eminenter Bedeutung gesteigerten Transites. Über die gewohnten Wirkungen der Handelsreisen, der Studienreisen, der Badefahrten hinaus werden alle möglichen Zustände und Interessen ökumenischer Art hier fühlbar. Der Rhodiser Ablaß samt den Schriften Heynlins und des Karthäuserpriors zeigen Basel teilnehmend an der universalen Erhebung wider den Erbfeind der Christenheit; in denselben Jahren wird an den Höfen der Plan eines europäischen Fürstenbundes behandelt, dem Basel, das centrum mundi, das an den Grenzen der Nationen und der Idiome gelegene, als Sitz eines ständigen Gesandtenkongresses und als Bundesstadt dienen soll. Mit weit ausgebreiteten Armen und vollem Atem eint sich das Leben unsrer Stadt dem Leben aller Welt, dem ungeheuer bewegten Leben voll Leidenschaft und Verlangen, mit seinen Kriegen Pilgerzügen Entdeckerfahrten. Dabei hat die Erweiterung der Horizonte keine Grenzen. Die neue Erde, die sich auftut, ist nicht nur Morgenland und Abendland, sondern ein weit über fremden Meeren gefundenes Gebiet von Inseln und Ländern. Sebastian Brant, der auch später noch die kühnen Seefahrer preist, veröffentlicht hier im Jahre 1493, zuerst in Deutschland, den berühmten Brief des Columbus.


Zu dieser Periode allgemeinen neuen Erlebens scheint aber gehören zu müssen, daß sie auch eine neue Krankheit erhält.

Die Syphilis kommt im Jahre 1495 durch Söldner aus Frankreich nach Basel. Das ist die „Franzosenkrankheit“, sind die „bösen Blattern“. Wie überall, so hier ein plötzlich alarmierender und Entsetzen erregender Schrecken. Was bisher sorglos genossen werden konnte, bietet jetzt die größte Gefahr für Leib und Leben, die Wirkung der Seuche ist rasch und furchtbar. „Manchen stolzen Mann und manches stolze Weib lähmt sie, sodaß sie elende Leute werden, und Viele sterben“.

Merkwürdig langsam erhebt sich die Stadt zu Schutzmaßregeln. Es ist, als ob man die Leichtigkeit der Ansteckung nicht sofort erkannt oder zunächst an der Möglichkeit einer Abwehr überhaupt gezweifelt hätte.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 942. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/421&oldid=- (Version vom 4.8.2020)