Seite:Westphälische Sagen und Geschichten 053.png

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wurde nur von eisigem Grauen ergriffen, wenn er an die brennende Nadel und an den glühenden Zwirn gedachte, mit dem er hinfort nähen sollte.

Der Zug kam am Lutterberge an, und hielt an dessen Fuße. Die Ritter stiegen ab, und gaben ihre Pferde den Knechten, die damit auf die Seite zogen. Auch der Schneider und sein Roßgefährte stiegen ab, und folgten dem Zuge der Ritter zu einem großen Thore, das sich vor ihnen aufthat, und durch welches sie in das Innere des Berges stiegen. Alle Angst und Furcht wich hier dem Erstaunen, das sich des Meisters Pankratz bemächtigte.

Er befand sich im Innern des hohen, weiten Lutterberges, in einem einzigen, großen, ungeheueren, unermeßlichen Saale, der von Einem Ende des Berges zum Andern, von der Einen Seite zur Andern und bis oben an die Spitze hinan zu reichen schien. Der Saal war so groß und so weit und so hoch, daß er nachher versicherte, der Dom in Paderborn nebst der Jesuitenkirche und der Chorkirche und der Abdinghofkirche hätten alle zusammen Raum darin, und wenn man sich auch jede von ihnen hunderttausendmal so groß und hoch dächte. Und in diesem ganzen Saale war kein einziges leeres Plätzchen; jeder Fleck besetzt, in jeder Ecke herrschte buntes, lautes Leben. Lange stand der Schneider betäubt von dem Anblicke und von dem tollen, wirren Geräusche um ihn her. Bald aber siegte die Neugierde in ihm, und, sich selbst vergessend, richtete er seine ganze Aufmerksamkeit auf seine Umgebung.

Da sah er denn nun zu allererst, was er so oft schon hatte erzählen hören, daß er sich wirklich in dem

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H. Stahl alias Jodocus Temme: Westphälische Sagen und Geschichten. Büschler'sche Verlagsbuchhandlung, Elberfeld 1831, Seite 053. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Westph%C3%A4lische_Sagen_und_Geschichten_053.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)