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bewegt. Forsche nie, sprach er zu seiner Braut, bevor noch der Priester den Segen über sie gesprochen hatte, forsche nie nach meiner Herkunft, nach meinem Stamme. Versprich es mir. Jede Frage darnach wäre mein Elend, müßte uns auf ewig scheiden.

Sie versprach es, und der Bischof nahm jetzt das Krucifix, daß sie darauf Treue und Liebe sich geloben sollten. Da wurde plötzlich am Eingange der Kapelle ein heftiges Schluchzen laut, und wie Alle die Augen dahin wandten, sah man den Schwan des Grafen dastehen. Aber er sah nicht mehr krank und verfallen aus, sondern sein Gefieder war wieder weiß und glänzend, den schönen Hals hob er hoch empor, und auch seine Augen glänzten, aber schmerzlich wie von Thränen.

Der Bräutigam erblaßte, als er ihn sah, und auch die Braut zitterte und wurde bleich. Wohl waren ihr von der sonderbaren Gerüchten, welche man über den Grafen und den Schwan hatte, zu Ohren gekommen; eine entscheidende Frage schwebte auf ihren Lippen; aber da gedachte sie des Versprechens, das sie so eben noch gegeben hatte. Sie schwieg. Auch Elias Grail erholte sich schnell wieder, und der Bischof sprach jetzt den Segen der Kirche über sie aus.

In dem Augenblicke, als er geendet hatte, war der Schwan verschwunden; Niemand hatte gesehen, wie und wohin, Niemand hat ihn seitdem wieder gesehen.

Drey Jahre lang lebte Elias Grail mit seiner jungen Gemahlin zufrieden und glücklich, und zeugte in dieser Zeit drey Söhne mit ihr, Theodorich, Gottfried und Conrad von denen der Erste sein Nachfolger, der Zweite Graf von Lossen und der Dritte Landgraf vor Hessen wurde. Da geschah es eines Tages,

Empfohlene Zitierweise:
H. Stahl alias Jodocus Temme: Westphälische Sagen und Geschichten. Büschler'sche Verlagsbuchhandlung, Elberfeld 1831, Seite 141. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Westph%C3%A4lische_Sagen_und_Geschichten_141.png&oldid=- (Version vom 29.12.2019)