Seite:Westphälische Sagen und Geschichten 176.png

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Aber ein Räuber wie dieser! rief Crusemann. Vielleicht nicht einmal ein so frecher, sonst müßte er auch so berüchtigt seyn; und der Stromberger ist doch der berüchtigteste im deutschen Lande!

Das Fräulein schlug einen Augenblick die Augen nieder; als sie sie wieder erhob, hob sich zugleich ihre Gestalt, die eine Zeitlang gebückt dagestanden hatte. Der Ruf und das Schicksal, sagte sie mit fester Stimme, sind nicht immer gerecht!

Was? rief der Rathsherr, den diese Worte zu empören schienen, voll Eifer; was? Der Ruf soll nicht gerecht gegen den Stromberger seyn? Wer hat mehr, als er, wehrlose Kaufleute überfallen, und geplündert und in sein Burgverließ geworfen, bis sie mit schwerem Gelde sich auslöseten? Wer hat mehr und öfter den Landfrieden gebrochen? – Wer? –

Eine dunkle Röthe stieg im Gesichte der Dame auf. Den Landfrieden hat er nie gebrochen, fiel sie hastig ein, weil er nie einen beschworen hat; daß er gegen seine Feinde sich vertheidigte, konnte ihm Niemand wehren. Und wenn er auf seinem Gebiete Kaufleute überfallen und angehalten hat, bis sie sich auslöseten, wer will ihn deshalb anklagen? Warum verweigerten sie ihm Zoll und Geleit, die er von ihnen verlangte?

Weil, unterbrach die Eifrige noch eifriger der Rathsherr, weil er kein Recht hatte, diese zu fordern!

Der Burggraf von Stromberg, erwiderte die Dame fast stolz, gehört, wie die anderen drey Burggrafen des Reichs, zu den ersten Fürsten Deutschlands, und wohl hat er das Recht, in seinem Lande Gesetze vorzuschreiben,

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H. Stahl alias Jodocus Temme: Westphälische Sagen und Geschichten. Büschler'sche Verlagsbuchhandlung, Elberfeld 1831, Seite 176. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Westph%C3%A4lische_Sagen_und_Geschichten_176.png&oldid=- (Version vom 23.2.2020)