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Aber immer ist bei all diesen Versuchen die Entstehung der Welt zu erklären, die große Frage: von wem geht der erste Anfang aus? Wer hat den ersten Anfang geschaffen, wer den ersten Antrieb zur Bewegung der Planeten gegeben? Durch wen ist das Leben, das organische Leben, dann das bewußte Leben in die Welt gekommen? Bei ernsterem Nachdenken wird man auf diese Fragen geführt und die Antwort kann doch nur sein: ein Schöpfer allein kann das alles ins Dasein gerufen haben. So sagt ja eben St. Paulus Röm. 1, 20 daß Gottes unsichtbares Wesen, sein ewige Kraft und Gottheit aus seinen Werken, nämlich aus der Schöpfung der Welt, zu erkennen sei. Damit wird man nun aber von selbst auf den zweiten Gottesbeweis von der Welt aus geführt. Das ist der Beweis aus der Zweckmäßigkeit der Welt. Je tiefer man eindringt in die Beobachtung der Lebensvorgänge, desto mehr staunt man über diese wunderbare Zweckmäßigkeit im Großen und Kleinen. Auch was Schwestern im ärztlichen Unterricht darüber hören, wie Gott den menschlichen Körper künstlich und fein bereitet in wunderbarem Zusammengreifen der einzelnen Organe, kann dazu dienen. Und wer es weiß, wie Aehnliches auf niederem Gebiet bei Pflanzen und im Leben der Tiere zu beobachten ist, sollte der nicht darauf geführt werden, das kann nur Gott, die höchste Vernunft, sein, der die Natur in dieser Zweckmäßigkeit ins Dasein rief.

 Die zweite Gruppe von Beweisen für das Dasein Gottes ist von der Menschheit aus gedacht. Da hat der Heide Cicero, als Redner und Staatsmann bekannt, zugleich ein Vertreter der Philosophie, der Geisteswissenschaft, den Beweis von der Zusammenstimmung aller Völker aufgestellt und darauf hingewiesen, daß alle Völker etwas von Religion haben. Und nach unserer noch viel genaueren Kenntnis des Völkertums müssen wir sagen: alle Völker weisen irgendwie etwas vom Gedanken eines höheren Wesens auf und wenn ihre Religion auf der tiefsten Stufe steht, wie des Geisterglaubens der Ostasiaten, welche meinen: die Geister der Verstorbenen umgeben die Lebenden teils schädigend, teils fördernd und es tue not, sie zu versöhnen, damit sie nicht schädigend sondern fördernd wirken. Es ist zwar ein tiefstehender Glaube, aber doch eine Überzeugung davon, daß es eine höhere Macht gibt, die ins Leben der Menschen eingreift und ein Gebundensein an eine höhere Welt. Die höherstehenden Religionen, die Natur-Religionen, zeigen das viel deutlicher. Nicht minder wichtig ist der Beweis vom Dasein Gottes, abgeleitet von der Leitung der Geschicke der Völker. Wie die Menschheit gelenkt wird nach einem höheren Plan, ergibt sich uns aus der Beobachtung der Geschichte. Da tritt uns an manchem entscheidenden Punkt ein höheres Eingreifen entgegen. Wie den Weltstürmern gestattet wird, eine Zeitlang vorwärts zu gehen, bis ihnen eine höhere Hand vorschreibt: „Bis hieher und nicht weiter.“