Seite:Wilhelm Löhe - Meine Suspension im Jahre 1860.pdf/36

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Wilhelm Löhe: Meine Suspension im Jahre 1860. Acht Wochen aus dem Leben eines Landeskirchlichen Pfarrers

als in dem des Pfarrers, am meisten aber im Interesse des Seelenheils der Partei selber, wenn die Behörden deren Gesellschaft desavouirten, sich auf die Seite des doch immerhin treuen Hirten stellten, und die Widerstrebenden auf irgend eine Weise zum Gehorsam gegen denselben mahnten. Waren sie durch die Verhältnisse in die Lage gekommen, die Schmach der Suspension auf mich zu bringen und mich in den Kerker derselben zu werfen, so schien es mir bei Aufhebung der Suspension ganz billig, wenn ich mit einiger Anerkennung aus meinem Kerker geführt würde, und auch die königliche Behörde merken ließe, daß es allerdings in der Landeskirche und ihren Ordnungen nicht alle Wege stehe, wie es sollte. Das war mein Sinn bei meiner Weigerung, mein Amt wieder anzutreten, und mir aus den in das zweite Stadium treffenden Verhandlungen in diesem Sinne das Nöthige heraus zu klauben und heraus zu lesen, war mein treuer Fleiß. Gieng mirs auch mühsam bei meinem Fleiße, so habe ich doch, und andere, die ich fragte, mit mir, endlich so viel zu finden geglaubt, und ich kehrte dann, wie ich hoffte, als ein redlicher, unbescholtener, weder Gott noch den Menschen mit Wißen und Willen ungehorsamer Diener zu meinem Amt und meinem Hirtenstab zurück. Habe ich im einzelnen da und dort gefehlt, so wird es mir nur Freude sein es zu bekennen, da es für einen Menschen, der das Gute will, außer dem rechten Werke, das er schaffen soll, nichts Beßeres geben kann, als das Bewußtsein, es gewollt zu haben, und die Bereitwilligkeit zu bekennen, wo er gefehlt und dem eigenen Zweck und Willen zuwider gehandelt hat.




 Diese meine Erörterungen werden, wenn man sie liest, viele nicht befriedigen. In vielen Kreißen unserer Heimath hängt sich seit langer Zeit an meinen Namen die Furcht vor einer Separation und eine jede Erklärung meiner Handlungen erscheint falsch, so lange ich nicht zugestehe, daß ich die Separation dabei im Sinne gehabt habe. Gründe ich einen Verein für innere Mission, oder für weibliche Diaconie, so ists der Anfang einer Separation; entsteht ein Diaconissenhaus, ein Blödeninstitut oder was da will, es steht irgendwie mit den Separationsgelüsten in Verbindung. Braucht das Diaconissenhaus einen Betsaal und baut man ihn: der ist bestimmt, die erste Kirche der separierten Gemeinde zu werden. Finden die Dettelsauer Anstalten und Liebeswerke einige Unterstützung: das ist Neigung zur Separation.

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Löhe: Meine Suspension im Jahre 1860. Acht Wochen aus dem Leben eines Landeskirchlichen Pfarrers. C. H. Beck’sche Buchhandlung, Nördlingen 1862, Seite 32. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Meine_Suspension_im_Jahre_1860.pdf/36&oldid=- (Version vom 1.8.2018)