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Hause, wo er im Kreis der Seinen den Sonntag zubrachte. Der Abend des Samstags gehörte dem von ihm gestifteten Missionskränzchen. Einsam war er indeß auch in Erlangen nicht. Es hatte sich ein Kreis ernstgesinnter Studenten an ihn angeschlossen, der sich wöchentlich einmal bei ihm versammelte. Da wurde bis 10 Uhr gemeinsam studiert, und dann blieb die gelehrte Gesellschaft noch in zwangloser Weise bei Thee zusammen. Mit einzelnen aus diesem Kreise, wie z. B. Hornung, Heller, Brunner, Layritz, Mayer, Wißmüller etc., war Löhe häufig, ja täglich zusammen.

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 Von besonderem Interesse müßte es sein, wenn uns in Löhe’s inneres Werden und seinen theologischen Entwicklungsgang ein näherer Einblick verstattet wäre, als dies durch die Beschaffenheit des schriftlich vorliegenden Materials möglich ist. So viel wissen wir bereits, daß Krafft vom entschiedensten Einfluß auf ihn war, und er das wahre Christenthum durch seine Lehre und sein Beispiel kennen lernte. Auf dem Gymnasium huldigte er einer noch ziemlich verschwommenen, nach damaliger Zeiten Weise sentimental angehauchten Religiosität; dagegen schon seine ersten Briefe von Erlangen zeugen von einem völlig neuen religiösen Standpunkt und einem innigen Leben und Weben in den Heilswahrheiten des Christenthums, namentlich in der Lehre von dem gottmenschlichen Versöhner, der Buße und der Rechtfertigung aus Glauben. Es war ihm gegangen, wie er in einem Brief an einen Freund sagt: „Ei, welch ein fröhlicher, neuer Schein, den ein wiedergeborener Augessinn empfängt (1. Joh. 5, 20, Sinn, eigner neuer Sinn).“ Das Schwanken des Uebergangs, die Unruhe einer lange und mühsam nach der Wahrheit ringenden Seele können wir an ihm, im Unterschied von vielen seiner Altersgenossen, nicht bemerken. Da die dürre Haide des Rationalismus längst suchenden Geistern