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Bernhard Grueber: Peter von Gmünd genannt Parler. In: Württembergische Vierteljahrshefte für Landesgeschichte. Jahrgang I.

Originalrisse, welche dem Meister Peter selbst oder seiner unmittelbaren Schule zugeschrieben werden dürfen, sind bisher nicht aufgefunden worden, scheinen auch nicht vorhanden zu sein, da die Dombauhütte in Prag sammt allen darin aufbewahrten Zeichnungen und Schriften durch die große Feuersbrunst vom Jahre 1541 zerstört wurde. Ein ähnliches Loos traf auch die im alten Rathhause zu Kuttenberg verwahrten, nach übereinstimmenden Berichten sehr zahlreichen Kunstgegenstände. Ein in den Sammlungen der Akademie der Künste zu Wien befindlicher, von dem Steinmetz Johann von Prachatiz herrührender Pergamentriß, eine Partie des Prager Domthurmes darstellend, ist nach keinem bestimmten Maßstabe gezeichnet, und dürfte eher zur Uebung als für einen eigentlichen Bauzweck entworfen worden sein. Die eingehaltenen Formen sprechen das vorgerückte XV. Jahrhundert aus, stehen daher nur in loser Beziehung zu der um etwa fünfzig Jahre älteren Dombauschule.

Auch ein in der Wenzelskapelle vorhandenes, aus Messing gefertigtes Modell eines Thurmhelmes, welches in sagenhafter Weise dem Peter zugeschrieben wird, gehört weder ihm noch einem seiner Schüler an: es zeigt mehr den Charakter der Frührenaissance als der Gothik und mag nach einer Zeichnung des Bonifazius Wohlgemuth, welcher im Auftrag des Kaisers Ferdinand I. den Dom nach dem großen Brande restaurirte, um 1560 ausgeführt worden sein.

Am Schlusse dieser Abhandlung wird mancher Leser die Frage aufwerfen, ob dem Manne, welcher so außerordentliche Werke geschaffen, der nahezu ein halbes Jahrhundert hindurch seine Dienste zweien der mächtigsten Fürsten gewidmet, keine besondere Auszeichnung zu Theil geworden sei. Es war allerdings die Zeit der Hofräthe, Baudirektoren und Intendanten noch nicht angebrochen, auch war es damals nicht üblich, jedes Verdienst am Knopfloche herauszuhängen; doch hat Kaiser Karl IV. schon den Anfang gemacht, Künstler mit Ehrendiplomen und sogar mit Landgütern zu bedenken. So erhielten die Maler Wurmser und Theodorich steuerfreie Besitzungen, Gnadenbriefe und Titel, welche Verleihungen König Wenzel IV. bestätigte; Jodok von Mähren ernannte den Baumeister Heinrich zu seinem Hofherrn; auch wurden ähnliche Auszeichnungen mehreren Gelehrten zu Theil[1]. Ob unserm Peter besondere Ehrenbezeigungen widerfuhren, vermögen wir aber nicht anzugeben, obwohl es an Nachforschungen keineswegs gefehlt hat. Die stets günstigen Vermögensumstände des Meisters, seine Erwählung zum Schöffen, der gewiß seltene Fall, daß er in gerichtlichen Verhandlungen als „idoneus vir“ bezeichnet wird, bestätigen das hohe Ansehen, dessen er sich in allen Kreisen erfreute und geben der Vermuthung Raum, daß der Kaiser ihn nicht übergangen habe. Auch liegen einige Andeutungen vor, daß Peter unter die Mansionäre aufgenommen worden sei. Der Orden der Mansionäre war von Kaiser Karl 1343 gegründet worden und zwar nach einer besondern Regel. Die Prager Mansionäre waren eine Art Chorherren, und es war ihre Anzahl auf vierundzwanzig festgestellt, von denen die eine Hälfte aus Priestern, die andere aus Laien (meist Personen von hohem Adel) bestand. Sie hatten die Verpflichtung, in der Domkirche den zu Ehren Mariä abgehaltenen Horen beizuwohnen und bezogen dafür nicht unbedeutende


  1. Der Maler Nikolaus Wurmser aus Straßburg erhielt vom Kaiser zwei Diplome, ein steuerfreies Gut, und wurde zum „familiaris“ ernannt. Theodorich erhielt ebenfalls ein Landgut und wurde unter die Familiares aufgenommen. König Wenzel bestätigte die Steuerfreiheit des dem Theodorich gehörigen Gutes. Der Italiener Johann von Marignola spielte am Hofe Karls eine große Rolle und fand ein einträgliches Ehrenamt, der Apotheker Angelus de Florentia wurde zum Hofherrn ernannt u.s.w.
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Bernhard Grueber: Peter von Gmünd genannt Parler. In: Württembergische Vierteljahrshefte für Landesgeschichte. Jahrgang I.. H. Lindemann, Stuttgart 1878, Seite 196. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:WuerttVjhhLG_Jhg_01.djvu/204&oldid=- (Version vom 1.8.2018)