Seite:Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin V 042.jpg

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unzählige Wasserrinnen aus der Ferne wie ebensoviele Kanonen, mit denen die Zinnen gekrönt sind, erscheinen. Wirkliche Kanonen besitzt indeß dieser befestigte Platz nur 4, während 2 andere Feldgeschütze im Lager des Mudirs sich befinden. Da der Gouverneur (Mudir) seit längerer Zeit 6 Stunden oberhalb am linken Ufer mit 500 schwarzen Soldaten (Nizzam) im Feldlager stand, um auch den südlichen, noch höchst ungebührlich sich betragenden Schilluks Raison beizubringen, bestand die ganze bewaffnete Macht von Faschōda aus nur 200 Mann. Seit 3 Jahren, so hieß es, sei hier (in der Umgegend von Faschōda nämlich) voller Landfriede; bis dahin seien kleine und größere Attaquen seitens der Neger an der Tagesordnung gewesen. Bei einer verdorrten Adansonia, welche sich 1000 Schritt von der Mauer befindet, wies man mir den Platz, wo zuletzt die Kanonen der Festung ihre Tragweite erprobt hätten; an dieser Stelle seien 15 Neger auf einen Schuß niedergestreckt worden, in Folge dessen der Angriff, welcher im Hochgrase während der Regenzeit erfolgte, sein Ende erreicht hätte. In einer benachbarten Grube lese ich unter den Gebeinen der an diesem Tage getödteten Schilluk noch 9 gut erhaltene Schädel auf. Ueberhaupt war die Ausbeute an letzteren in der Umgebung des Platzes eine sehr befriedigende, da ich deren 18 mit Hülfe meiner eifrigst nachspürenden Leute auftreiben konnte.

Vor der Stadtmauer auf etwas abschüssigem, weil vom zurücktretenden Strom trockengelegten Terrain, dehnen sich die Weizenfelder und Gemüsegärten aus, welche der Gouverneur anlegen ließ. Die ersteren werden durch 7 Schöpfräder (Ssagien) ägyptischer Art bewässert. Außerdem befinden sich auch auf einer kleinen Strominsel vor der Stadt nicht unbedeutende Felder und bilden somit die Südgrenze des Weizenbaues im östlichen Sudan. Die nächste Umgebung der Stadt besteht aus Steppenlandschaft, in welcher, wohin das Auge nur blicken mag, kleinere und größere Hüttengruppen der Schilluk aus dem jetzt dürren Grase hervorragen. Der Holzbedarf der hier stationirten Truppen hat weit und breit die größeren Bäume arg verstümmelt; die wenigen Böte, welche der Regierung an diesem Platze zur Verfügung stehen, haben vollauf zu thun, um das Holz für die Heizung des hier stationirten Dampfers herbeizuschaffen; daher wird jeder neue Trieb sofort abgehauen, und nur die nackten Stämme ehemals majestätischer Acacien trotzen durch ihre Massivität den erbärmlichen Werkzeugen der Bewohner Faschōda’s. Das rechte Nilufer dagegen bietet noch ausgedehnte Buschwaldungen mit großen Acacia verugera, Talch und Kakamut. Ein häufiges strauchartiges Unterholz daselbst bildet die vom Strome bis nach Nubien hinunter verbreitete Volkameria Acerbiana. Auf einem dahin unternommenen Ausfluge

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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 42. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_042.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)