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die Reparatur vorzunehmen. Seit den letzten 3 Jahren nämlich pflegen die Barken an dieser Stelle nur ungern und nur wenn ihrer mehrere zusammen sind, an Land zu gehen, denn hier war es, wo in einem Jahre 5, Chartūmer Kaufleuten gehörige Schiffe, als sie mit Elfenbein beladen von oben herabkamen, hinterlistigerweise eines nach dem anderen von den Schilluk überfallen wurden, welche, anfangs einen grossartigen Markt eröffnend, auf ein gegebenes Zeichen über die nichts Schlimmes Ahnenden herfielen, sie alle niedermetzelten, Pulver, Gewehre und Elfenbein erbeuteten und die Barken in Brand steckten. Ghattās selbst, der Kaufmann, auf dessen Barke ich fahre, hatte damals auf diese Art eine Ladung eingebüsst. 25 Mann fanden bei dieser Gelegenheit den Tod, und nur der Reis und eine Sklavin konnten sich schwimmend nach Faschōda flüchten, indem sie geschickt einige Haufen Wasserpflanzen benutzten, um darin ihre Köpfe zu verbergen. Es währt denn auch heute nicht lange, bis der Ruf ertönt „sie kommen, sie kommen.“ Und in der That sah man mit unglaublicher Geschwindigkeit sich das Volk am gegenüber liegenden Ufer zusammenschaaren und sofort Tausende kleiner Ambatschkähne die Fluthen durchschneiden. Kaum hatten wir wieder die Barken gewonnen und Alles hergerichtet zur Abwehr eines Angriffs, als auch bereits die ersten Schilluk in voller Rüstung, d. h. mit großen Lanzenbüscheln in der Rechten, hart am eben verlassenen Ufer sich präsentirten. Sie kamen offenbar in der Absicht einen Markt zu eröffnen; wir aber, bei der schlimmen Lage, in welcher wir uns befunden hätten, sobald der heftige NO. nachließ, mit Hülfe dessen die Barken auch ohne Segel flott den Strom hinauftreiben konnten, befürchteten, die Wilden könnten sich dieselbe bei unserer ungenügenden Streitmacht leicht zu Nutze machen und stiessen ab.

In der That war diese Furcht keine unbegründete, denn nach einer ganz oberflächlichen Schätzung waren hier mindestens 10,000 Schilluk auf den Beinen und nicht unter 1000 Ambatschkähne auf dem Flusse in Bewegung. Ich hatte nun Gelegenheit, gemüthlich aus sicherer Nähe mit dem Fernrohr die Schilluk zu beobachten. Da gewahrte ich Haufen unter einander streitender Männer heftig gesticulirend und durcheinanderschreiend. Die Neger setzten sich vom verlassenen Ufer aus enttäuscht wieder in Bewegung und der Strom erschien aus der Ferne gesehen, wie die Passage einer förmlichen Völkerwanderung. In einer Entfernung von 1000 Schritt vom Wasser gleicht das ganze linke Ufer einer ununterbrochenen Reihe von Hütten, Viehheerden und Feuerstellen, die einzelnen Weiler und Dörfer sind nur schwer von einander zu trennen; das rechte dagegen weist nirgends feste Wohnsitze auf. Dergestalt ist der Anblick der

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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 50. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_050.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)