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ist. Das merkwürdigste der Wasserthiere aber ist der Fischmolch des Gambia (Protopterus annectens), welcher bei vollkommener Fischgestalt einem Meerwolfe, dem vier fadenförmige Extremitäten angesetzt wurden, nicht unähnlich sieht, Lungen besitzt und durch höchst eigenthümlichen Zahnbau ausgezeichnet erscheint. Er erreicht 3–4 Fuß Länge und besitzt ein schleimig weichliches Fleisch, welches ich von allen Nubiern verschmähen sah, obgleich Baker, der das Thier auch im Albert-Nyaya fand, den Wohlgeschmack desselben nicht genug zu rühmen weiß. Von den Eingeborenen wird er Lud genannt. Die Inselufer wimmeln von faustgroßen Ampullarien, deren die eingeborenen Frauen sich als kleinere Necessaires bedienen, während sie aus den zierlichen castanienbraunen prachtvoll glänzenden Panzern der handgroßen Aroo-Schildkröte, welche in Menge angespült und von Vögeln überall im Innern der Inseln ausgestreut werden, weit schönere Kästchen verfertigen könnten.

Auffallend mannichfaltig entwickelt sich auf diesem beschränkten Terrain die Vogelwelt. Ueber 60 Arten boten sich hier auf den vier oder fünf kleinen Strominseln meinen flüchtigen Blicken dar. An Farbenpracht allen übrigen überlegen erschienen die Merops; da gab es rothflügelige, purpurrothe mit blauem Kopf, smaragdgrüne mit gelb und violet gezeichneter Kehle, welche sich stets auf den Spitzen dürrer Grashalme wiegten, während der einfarbig grüne Abu-Chuder Aegyptens nie die Zweige großer Acacien verließ. Feuerrothe Würger und andere Arten des Geschlechtes in den kleineren Bosquets, und eine dem aegyptischen Kukuk (Centropus) nahestehende Form in den Kronen größerer Bäume, langgeschwänzte, gespenstische Nachtschatten, auf dem farblosen Boden kaum wahrnehmbar, kleine Eisvögel, Madenhacker in der Nähe des Viehes, verschiedene Tauben, Sylvien und ein Heer verschiedenartiger Sperlingsvögel belebten das Festland, an den sumpfigen Ufern die Reiher, Störche, Ibisse, Ralli und Kronenkraniche, seltener Enten und Gänse, überall aber das Parra-Huhn mit seinen weitgespreizten Zehen wie auf einem Gestell von Drähten umherstolzirend. Auch fehlte es nicht an Anklängen aus der nördlichen Heimath und wandernden Fremdlingen gleich mir: da zeigen sich gelbe und weiße Bachstelzen, der unvermeidliche Wiedehopf, die österreichische Wadeschwalbe (Glareola), Sporn-Kibitze aus Aegypten und mehrere Tringa-Arten. Wenn die Sonne untergegangen war, so begann 5 Minuten nachher ein gewaltiges Leben in den Lüften. Myriaden von Spatzen, vorwaltend die mit weißer Brust, rosigem Schnabel und schwarzen Füßen, zogen alsdann schwirrend und zwitschernd aus dem Innern den die Insel-Ufer umgürtenden Papyrus-Buchten zu, wo sie ihre Abendruhe zu halten pflegten. Lange

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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 101. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_101.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)